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Qualitätsmanagement im Handel

Ein Qualitätsmanagement-System (QM-System), das nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch im Unternehmen gelebt wird, setzt einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Gang, was letztlich auch für den Kunden erkennbar wird.

Betriebswirtschaft

1. Welche Bedeutung hat Qualitätsmanagement im Handel?

Ein Qualitätsmanagement-System (QM-System), das nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch im Unternehmen gelebt wird, setzt einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Gang, was letztlich auch für den Kunden((GENDERNOTICE)) erkennbar wird. Ein QM-System trägt dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit von Handelsunternehmen zu erhöhen. Durch Fehlervermeidung und frühzeitige Fehlererkennung wird die Wirtschaftlichkeit gesteigert. Ebenso wird das unternehmerische Risiko überschaubarer. 

Die Kundenorientierung wird erhöht und die Mitarbeiter werden durch eine bessere Kommunikation und Information motiviert. Wird das QMSystem darüber hinaus noch zertifiziert, können Handelsunternehmen ihre Leistungsfähigkeit auch nach außen dokumentieren. Dies führt zu einer Imageverbesserung. Durch die Einführung von QM-Systemen können zum Teil deutliche Kosteneinsparungen erzielt werden: So führt die Umsetzung von QMSystemen in der Sortimentspolitik (z. B. Listung insbesondere bei denjenigen Lieferanten, die ihrerseits ein QM-System haben) zu Einsparungen bei der Wareneingangskontrolle. Auch in anderen Unternehmensbereichen lassen sich durch Qualitätsmanagement Rationalisierungspotenziale entdecken und nutzen.

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2. Wie wird Qualitätsmanagement im Handel eingeführt?

Qualität ist kein Selbstzweck, sondern muss letztlich für den Kunden spürbar sein. Qualität im Handel heißt daher, die Kundenerwartungen zu erfüllen. Da die Kundenerwartungen sehr spezifisch sind je nach Branche, Betriebsform, Wettbewerbsumfeld und Standort, ist Qualität nicht theoretisch zu definieren, sondern muss jeweils am konkreten Unternehmen festgemacht werden. 

Um also Qualität für Ihr Unternehmen zu definieren, muss zunächst klar sein, worauf es dem Kunden in der jeweiligen Branche ankommt. Was erwartet er zum Beispiel in punkto Auswahl, Sortimentsgestaltung, Qualität der angebotenen Ware, Preiswürdigkeit, Beratung durch Verkaufspersonal, Fachkompetenz, Freundlichkeit, Reklamationsbearbeitung, Termintreue bei Bestellungen, Serviceleistungen (z. B. Reparaturservice, Montage), Atmosphäre im Verkaufsraum, neue Technologien (wie z. B. Zahlungssysteme, Kundenkarten, Multimedia u.ä.) und Erreichbarkeit. 

Sobald das Unternehmen weiß, welche Anforderungen seine Kunden an hat, kann ermittelt werden, in welchem Ausmaß diese Erwartungen bereits erfüllt werden und wo Defizite bestehen. 

Ausgehend von diesen Ergebnissen können alle innerbetrieblichen Abläufe im Unternehmen ermittelt werden, die Einfluss auf die Qualität haben. So könnte beispielsweise die Erwartung der Kunden nach fehlerfreier Ware durch eine effektive Wareneingangskontrolle sowie eine regelmäßige Regalkontrolle („abgelaufene“ Produkte, geöffnete Verpackungen etc.) erfüllt werden. Ist Schnelligkeit der Belieferung für die Kunden von großer Bedeutung, so sind Optimierungsmöglichkeiten im Bestell und Lagerwesen zu suchen. 

Qualitätsmanagement setzt also an allen Abläufen und Strukturen in einem Unternehmen an, durch die die Qualität der Unternehmensleistung beeinflusst werden kann. Ein Qualitätsmanagementsystem versucht, Anforderungen (Qualitätsziele) zu ermitteln und Maßnahmen zur Erzielung der gewünschten Qualität festzulegen. Diese Festlegung erfolgt nicht endgültig, sondern muss sich wechselnden Kundenansprüchen anpassen.

3. Was umfasst Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9000 ff.?

Ausgangspunkt der Normen ist, die Qualität von Leistungen von vorneherein zu planen und Qualitätsmängel nicht erst im Nachhinein durch Kontrollen aufzudecken. Die Normen haben nicht die Qualität der Leistung selbst zum Inhalt, sondern beziehen sich auf den Prozess der Erstellung der Leistung. Durch eine Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2000 bzw. DIN EN ISO 9001:2008 kann dieses QM-System auch nach außen dokumentiert werden. Dieses Normenwerk ist auf nationaler (DIN) und europäischer (EN) Ebene sowie weltweit (ISO) wichtig. 

Das ursprüngliche Normensystem DIN EN ISO 9000 ff. wurde umfassend weiterentwickelt und mit folgenden drei Kernnormen neugefasst:

DIN EN ISO 9000:
2005 QM-Systeme, Grundlagen und Begriffe

DIN EN ISO 9001:
2008 Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem (die früheren Normen 9002, 9003 sind entfallen)

DIN EN ISO 9004:
2000 Leitfaden zur Leistungsverbesserung

Diese Normenreihe ist eine Anleitung zur Verbesserung der Leistungen des Unternehmens. Danach umfasst ein QM-System das gesamte Unternehmen von der Analyse der Marktforderungen bis zur Erhebung der Kundenzufriedenheit, es beleuchtet aber auch die anderen Parteien. Das sind Mitarbeiter, Lieferanten, Eigentümer und die Gesellschaft (z. B. bezüglich des Umweltschutzes). Die ISO 9004:2000 stellt erstmals Anforderungen an die Prozesse der unternehmerischen Gesamtleistungen. 

Verstärkt sind auch die Forderungen zur Identifizierung von Risiken und zum Treffen von Maßnahmen zu deren Beherrschung. Nach der Normenreihe soll das QM-System die tatsächlichen betrieblichen Abläufe abbilden und richtet sich nach den folgenden acht Grundsätzen:

Prozessorientierung

Prozesse werden bewertet und optimiert. Das QM-System richtet sich an den Prozessen sowie an den Schnittstellen der Prozesse aus. Die Maßnahmen folgen immer dem Schema Planen, Umsetzen, Kontrollieren und Verbessern.

Systemorientierung

Das Unternehmen lernt die Wechselwirkungen aller Prozesse zu verstehen. Es kann sie als System erkennen und steuern.

Sachbezogene Entscheidungsfindung

Ihre Entscheidungen werden entsprechend der systematischen Analyse von Daten und Informationen getroffen.

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP)

Zentrale Aufgabe Ihres Unternehmens ist es, sich immer weiter zu verbessern.

Verantwortlichkeit der Führung

Seitens der Unternehmensführung werden einheitliche Ziele und die interne Organisation festgelegt, damit sich die Mitarbeiter voll auf die Erreichung der ihnen gesetzten Ziele konzentrieren können

Mitarbeiterorientierung

Die Mitarbeiterorientierung wird ausgebaut: Jeder Mitarbeiter ist so zu qualifizieren, dass er die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß durchführen kann. Die regelmäßige Erhebung der Mitarbeiterzufriedenheit und die Umsetzung der daraus gewonnenen Erkenntnisse ist wichtig.

Kundenorientierung

Das Unternehmen erhebt sorgfältig die Kundenwünsche bzw. Forderungen des Marktes, prüft die eigene Fähigkeit zur Erfüllung, erbringt die Leistung und ermittelt nach Abschluss die Kundenzufriedenheit.

Lieferantenbeziehungen zum gegenseitigen Nutzen

Die Unternehmen und ihre Lieferanten sind voneinander abhängig. Es können Win-WinSituationen geschaffen werden, die für beide die Wertschöpfung erhöhen. Die Norm ISO 9001-2008 wurde am 14.11.2008 veröffentlicht. Sie enthält allerdings keine neuen Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem. Es wurden lediglich die Anforderungen präzisiert und ergänzt. 

Für den Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems ist in der Regel mit einem Jahr zu rechnen. Zu den Kosten können keine allgemeingültigen Zahlen genannt werden. Zu unterscheiden ist zwischen internen Kosten (aufgewendete Arbeitszeit) und externen Kosten (Beratungsleistungen, Zertifizierungskosten). Die Zertifizierungskosten hängen von der zu auditierenden Mitarbeiterzahl ab. 

Betriebe können sich beim TÜV (www.tuev-sued.de/management_systeme/qualitaet) oder anderen Zertifizierungsstellen weitere Informationen holen und sich zertifizieren lassen. Es wird empfohlen, darauf zu achten, dass die Zertifizierungsstellen akkreditiert sind.

4. Bayerischer Qualitätspreis

Das bayerische Wirtschaftsministerium verleiht jährlich den Bayerischen Qualitätspreis an zwei Handelsunternehmen, die durch konsequentes Qualitätsmanagement erfolgreich sind. Ausgezeichnet werden Unternehmen, die in folgenden vier Bereichen Überdurchschnittliches vorweisen können:

  • Unternehmensqualität im Einzelhandel 
    • Was versteht das Unternehmen unter Qualität?
    • Welche Ziele sollen erreicht werden?
    • Welche organisatorischen Maßnahmen werden getroffen, um Qualität im Unternehmen zu verankern? 
  • Integration der Mitarbeiter in das Unternehmensqualitätskonzept 
    • Wie wird sichergestellt, dass Qualität von allen Mitarbeitern im Unternehmen gelebt und kontinuierlich verbessert wird? 
    • Wie erfolgt die Qualifizierung der Mitarbeiter? 
    • Welche Fortbildungsmaßnahmen wurden bereits durchgeführt? 
    • Wie wird die Einstellung der Mitarbeiter zu ihrer Arbeit und ihre Zufriedenheit ermittelt? 
  • Qualität in der Logistik 
    • Gibt es Qualitätsvereinbarungen mit den Lieferanten? 
    • Werden sortimentspolitische Statistiken geführt? 
    • Findet eine Wareneingangsprüfung statt? 
    • Wird ein Warenwirtschaftssystem genutzt und die Informationen hinsichtlich der Qualitätssicherung ausgewertet?
  • Qualität in der Kundenorientierung 
    • Werden die Kundenerwartungen an das Unternehmen ermittelt? 
    • Wird ermittelt, inwieweit das Unternehmen die Erwartungen der Kunden auch erfüllt (Zufriedenheitsgrad)? 
    • Welche Maßnahmen wurden bereits zur Erhöhung der Kundenorientierung durchgeführt? 
    • Wird überprüft, ob das Sortiment noch den Kundenanforderungen entspricht? 
    • Wird regelmäßig das Erscheinungsbild des Unternehmens (z. B. Fassade, Fernwirkung, Eingangslösung, Schaufenster, Warenpräsentation, Innenräume, Übersichtlichkeit im Geschäft) überprüft? 
    • Welche Serviceleistungen werden angeboten?

Dies ist nur ein Ausschnitt aus dem Fragenkatalog, der Grundlage für die Bewerberauswahl ist. Weitere Informationen sowie der komplette Fragebogen sind im Internet unter www.bayerischer-qualitaetspreis.de zu erhalten. 

Soweit Sie Interesse an einer Teilnahme haben, melden Sie sich bitte beim HBE. Eine Bewerbung ist nicht direkt beim Ministerium oder dem betreuenden Lehrstuhl der TU München möglich, sondern nur über die Nominierung durch festgelegte Institutionen. So ist der HBE berechtigt, Vorschläge zu preiswürdigen Unternehmen aus einzureichen. 

Diese Nominierungen erfolgen jeweils im August/September eines Jahres. Die vorgeschlagenen Unternehmen erhalten dann die offiziellen Bewerbungsunterlagen und haben in der Regel Zeit bis zum Ende des Jahres, anhand eines Fragebogens eine Selbstbewertung vorzunehmen. Ein Expertengremium wertet diese Fragebögen aus und trifft bereits eine Vorauswahl. Die Unternehmen, die in die engere Wahl kommen, werden vor Ort anhand der Angaben im Fragebogen überprüft. Die Ergebnisse dieser Überprüfung werden dem bayerischen Wirtschaftsminister vorgelegt, der letztlich die Entscheidung über die Preisträger trifft.

Ihre Ansprechpartner zu diesem Thema

ms
ms
Dr. Melanie Eykmann
Bezirksgeschäftsführerin
Themen: Betriebswirtschaft
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