n der Arbeitswelt gibt es eine Vielzahl von Beschäftigungsformen, die vom klassischen Arbeiter- und Angestelltenverhältnis abweichen, insbesondere im Zusammenhang mit Ausbildungs-, Einarbeitungs- und Qualifikationsmaßnahmen.
In der Arbeitswelt gibt es eine Vielzahl von Beschäftigungsformen, die vom klassischen Arbeiter((GENDERNOTICE))- und Angestelltenverhältnis abweichen, insbesondere im Zusammenhang mit Ausbildungs-, Einarbeitungs- und Qualifikationsmaßnahmen. Ob und inwieweit hierbei ein Vergütungsanspruch entsteht, hängt zum einen von der formalen Ausgestaltung der Vereinbarung ab, zum anderen aber vor allem von der praktischen Durchführung. So kann z. B. nicht allein wegen der Bezeichnung einer Einarbeitung als „Praktikum“ eine angemessene Vergütung verweigert werden. Wer weisungsgebunden und im Rahmen des Direktionsrechts des Unternehmers „arbeitet“, hat – unabhängig von der Bezeichnung des Vertrages – Anspruch auf eine angemessene Vergütung.
Die nachfolgende Darstellung soll einen Überblick über die verschiedenen „besonderen Vertragsverhältnisse“ bieten. Es werden die Besonderheiten und Unterschiede dargestellt, und aufgezeigt, welche Vertragspflichten, insbesondere auch im Hinblick auf eine Vergütung, sich im Einzelnen ergeben.
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Bei der Berufsausbildung handelt es sich um eine berufliche Erstausbildung, die sich regelmäßig an die Vollzeitschulpflicht anschließt. Die Ausbildung in gesetzlich anerkannten Ausbildungsberufen – insbesondere Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel, Verkäufer/Verkäuferin – wird unter Beachtung der jeweiligen Ausbildungsordnungen im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses durchgeführt. Die Ausbildungsberechtigung muss durch eine Ausbildereignungsprüfung nachgewiesen werden. Im Übrigen findet das Berufsbildungsgesetz (BBiG) Anwendung.
Die Durchführung einer Ausbildung zu einem anerkannten Ausbildungsberuf darf nicht in einem anderen Vertragsverhältnis (z. B. Anlernvertrag) durchgeführt werden. Solche Verträge sind wegen Gesetzesverstoß nichtig. Die Vereinbarung wird dann wie ein Arbeitsvertrag behandelt, mit der für ein Arbeitsverhältnis üblichen Vergütung (BAG Urteil vom 27.07.2010, Az. 3 AZR 317/08).
Die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung orientiert sich am Tarifvertrag. Die danach geltenden Ausbildungsvergütungen dürfen – auch von nicht tarifgebundenen Firmen – keinesfalls um mehr als ca. 20% unterschritten werden (BAG, Urteil vom 29.04.2015, Az.: 9 AZR 108/14).
Praktikant ist, wer ohne Arbeitnehmer oder Auszubildender zu sein, aufgrund eines Praktikantenvertrages zur Vorbereitung auf seinen Hauptberuf in einem zeitlich begrenzten betrieblichen Ausbildungsverhältnis steht, welches Teil einer geordneten beruflichen Grundausbildung ist.
Es handelt sich um ein Vertragsverhältnis eigener Art, mit dem sich eine Person dem Arbeitgeber zur Leistung von Diensten und dieser sich zur Verschaffung von praktischen Erfahrungen und Kenntnissen verpflichtet, die im Rahmen einer Gesamtausbildung, für die Zulassung zum Studium, zu einer Prüfung oder zu anderen Zwecken benötigt werden. Die betriebliche Teilausbildung zur Vermittlung beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten wird für Praktikanten von einer anderen, zumeist akademischen, Ausbildungsstelle vorgeschrieben.
Kennzeichnend für ein Praktikum ist, dass der Arbeitgeber nur verpflichtet ist, dem Praktikanten Gelegenheit zu geben, sich das erforderliche Wissen zu verschaffen. Ihn trifft – im Unterschied zur Berufsausbildung – keine Ausbildungspflicht, sondern lediglich eine Verpflichtung, betriebliche Informationen, die Personaleinweisung, Unterlagen und Material zu vermitteln.
Auf ein Praktikanten((GENDERNOTICE))-Beschäftigungsverhältnis sind über § 26 BBiG die §§ 10 – 23, 25 BBiG anwendbar, so dass
Die Angemessenheit der Vergütung richtet sich im Übrigen nach dem Umfang der Anwesenheitspflicht, der Erzielung produktiver Ergebnisse und dem Umfang der Weisungsgebundenheit. Eine Beschäftigungsvereinbarung mit Praktikanten, die keinerlei Gegenleistung des Arbeitgebers vorsieht, ist deshalb unwirksam und kann dazu führen, dass im Streitfall gerichtlich eine „angemessene Vergütung“ festgesetzt wird (siehe dazu unten mehr unter „Exkurs: Freiwilliges Praktikum zur Berufsorientierung“).
Der Urlaubsanspruch während eines Praktikums richtet sich danach, ob es sich um ein (über ein Studien- oder eine Praktikumsordnung vorgeschriebenes) Pflichtpraktikum oder ob es sich um ein freiwilliges Praktikum handelt. Bei einem Pflichtpraktikum besteht kein Anspruch auf Urlaub, weil es als Bestandteil des Studiums gilt. Bei einem freiwilligen Praktikum besteht gemäß dem BUrlG ein Urlaubsanspruch von 24 Werktagen im Jahr (bei einer 6-TageWoche) und bei einer Praktikumsdauer von bis zu 6 Monaten ein Urlaubsanspruch von jeweils 2 Werktagen für jeden vollen Monat. Das gilt allerdings nur, wenn die Dauer des Praktikums mindestens einen Monat beträgt.
Seit dem 12.08.2014 sind aufgrund einer Änderung des Nachweisgesetzes unverzüglich nach Abschluss eines Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und dem Praktikanten eine unterzeichnete Niederschrift auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:
Vergleiche hierzu HBE-Praktikantenvertrag/Muster.
Nach dem Mindestlohngesetz steht auch den Praktikanten grundsätzlich der gesetzliche Mindestlohn zu. Lediglich für freiwillige Praktika, die nicht länger als 3 Monate dauern, besteht nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 MiLoG kein Anspruch auf den Mindestlohn, wenn diese der Berufsorientierung dienen (Orientierungspraktika) oder ausbildungs- bzw. studienbegleitend (Begleitpraktika) geleistet werden. Dennoch bleibt es auch in diesen Fällen bei dem Anspruch auf eine angemessene Vergütung gemäß § 26 i.V.m. § 17 Abs. 1 BBiG. Die Angemessenheit ist unter Berücksichtigung der tatsächlichen Praktikumstätigkeit und des Betreuungsaufwandes zu bestimmen. Insofern können bei der Bemessung der Vergütung die Vorbildung der Praktikantin oder des Praktikanten, die Art des Praktikums sowie auch dessen Dauer Berücksichtigung finden (da die Vergütung dabei helfen soll, die Lebenshaltungskosten zu bestreiten). Die Vergütung ist angemessen, wenn sie einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den Aufwendungen beider Parteien für die Durchführung des Vertragsverhältnisses herstellt.
Ein freiwilliges Praktikum, das losgelöst von Schule oder künftigem Studium aufgenommen wird, ist jederzeit möglich. Allerdings ist auch für ein Praktikum Folgendes zu beachten:
Unfallversicherung:
Schülerpraktikanten, die auf freiwilliger Basis, also ohne Anweisung und Aufsicht der Schule in einem Betrieb tätig werden, müssen bei der Berufsgenossenschaft des Unternehmens versichert werden. Der Beitrag für Ferienjobs und bezahlte Praktika richtet sich wie bei regulären Beschäftigungsverhältnissen nach der Höhe des gezahlten Beitrages. Ob für unentgeltlich beschäftigte Praktikanten ein Beitrag zu zahlen ist, kann bei dem Unfallversicherungsträger nachgefragt werden. Ist dagegen das Betriebspraktikum von der Schule organisiert, so ist das Praktikum ein Bestandteil der Schulausbildung und wird als Schulveranstaltung gewertet. Für diese Praktika ist der Unfallversicherungsträger der Schule zuständig. Bei einem Unfall des Praktikanten unterrichtet der Betrieb in diesem Fall die Schule, die den Unfall dann ihrem Unfallversicherungsträger meldet.
Der Volontär erhält systematisch vermittelte Einblicke in berufliche Tätigkeiten und soll bestimmte Fertigkeiten erwerben, betriebliche Arbeitsabläufe kennenlernen und sich gezielt Kenntnisse aneignen, die er für seine spätere berufliche Tätigkeit benötigt. Er unterscheidet sich vom Praktikanten dadurch, dass seine praktische Lernphase nicht Bestandteil einer umfassenden Ausbildung oder eines Studiums ist.
Im Übrigen ist ein Volontariat hinsichtlich der Vergütung wie ein Praktikum zu behandeln (s. o. Nr. 2.). Wer weisungsgebunden ist, produktive Ergebnisse erzielt, zur Anwesenheit verpflichtet ist, kann eine angemessene Vergütung verlangen.
Im Unterschied zu einer Berufsausbildung ist ein Anlern-/Einarbeitungsverhältnis durch einen eingeschränkten Ausbildungsrahmen und Ausbildungszweck geprägt, z. B. Arbeit an einer bestimmten Maschine, Einarbeiten in ein neues PC-Programm, Schulung für eine bestimmte Produktgruppe, ggf. auch Einarbeitung einer fachfremden Verkaufskraft, Einweisung in ein Außendienstgebiet u. a..
Anlernverträge fallen nicht unter das Berufsbildungsgesetz. Es handelt sich um Arbeitsverhältnisse, für die eine angemessene Vergütung gem. § 612 BGB oder nach tarifvertraglichen Vorschriften geschuldet ist.
Arbeitsvertraglich kann, soweit keine Tarifbindung besteht, für die Einarbeitungszeit eine niedrigere Vergütung vereinbart werden, als sie für die Zeit nach Abschluss des Anlern-/Einarbeitungsverhältnisses angemessen ist. Da aber auch eine Probezeit gem. § 622 Abs. 3 BGB längstens 6 Monate dauern darf, wird ein Anlern-/Einarbeitungsverhältnis i. d. R. auch auf diesen Zeitraum zu begrenzen sein. Wird ein zu langes Anlern-/Einarbeitungsverhältnis mit einer deutlich reduzierten Vergütung vereinbart, besteht das Risiko, dass im Streitfall gerichtlich die Erbringung vollwertiger Arbeitsleistung festgestellt und dafür eine angemessene (höhere) Vergütung festgesetzt wird.
Im Unterschied zum Anlern-/Einarbeitungsverhältnis ist die üblicherweise am Beginn eines Arbeitsvertrages vereinbarte Probezeit bereits Bestandteil des ordentlichen Beschäftigungsverhältnisses: Für die Dauer der Probezeit kann zwar eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden (2 Wochen), regelmäßig ist aber bereits die volle vertragliche Vergütung geschuldet. Die Probezeit darf nicht mit der 6-monatigen „Wartezeit“ im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes verwechselt werden. Ist z. B. nur eine 3-monatige Probezeit vereinbart, besteht für den Arbeitnehmer dennoch für weitere 3 Monate noch kein Kündigungsschutz, da in dieser Zeit die Wartezeit noch nicht erfüllt ist.
Es handelt sich i. d. R. um (befristete) Aushilfsarbeitsverhältnisse, für die eine angemessene Vergütung geschuldet ist.
Für die Beschäftigung von Schülern und Studenten gelten teilweise sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten (sog. Werkstudentenprivileg: krankenversicherungsfrei gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Außerdem sind bei Jugendlichen die Maßgaben des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu beachten.
Die Vergütung von Studenten, die neben ihrem Studium „jobben“, ist ggf. kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei (nicht jedoch rentenversicherungsfrei), wenn das Studium im Vordergrund steht. Das ist nur der Fall, wenn die Arbeitszeit in der Vorlesungszeit nicht über max. 20 Stunden pro Woche hinausgeht.
Vergleiche hierzu HBE-Praxiswissen „Ferienjobs – Kinder, Schüler und Studenten“.
Schüler an bayerischen Schulen absolvieren in der 8. oder 9. Jahrgangsstufe als Bestandteil des Unterrichts ein Betriebspraktikum. Es handelt sich für die Schüler um Pflichtveranstaltungen, für die aber – da die Betriebspraktika Teil des Unterrichts und keine „Arbeit“ sind – von Seiten des Betriebes keine Vergütung geschuldet ist.
Eine bestimmte Dauer ist für das Betriebspraktikum nicht vorgeschrieben, meist werden ein bis zwei Wochen vereinbart.
Ziel ist es, die Schüler zur Wirtschafts- und Arbeitswelt hinzuführen, Erkenntnisse und Einsichten der Betriebserkundungen zu vertiefen und zu ergänzen und Entscheidungshilfen für die Berufswahl zu bieten.
Weitere Informationen entnehmen Sie dem HBE-Praxiswissen „Betriebspraktikum“.
Hiervon spricht man, wenn sich Schüler über die gesetzlich vorgesehenen Betriebspraktika hinaus über Betriebe, Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten informieren wollen.
Wird keine Arbeit angewiesen und keine Anwesenheit im Rahmen des Direktionsrechts verlangt, handelt es sich um ein Einfühlverhältnis (s. u.), für das weder Formvorschriften gelten, noch ein Vergütungsanspruch besteht.
Soll der Schüler darüber hinaus aber „mitarbeiten“, z. B. im Rahmen eines Ferienjobs, liegt ein vergütungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor, bei dem u. a. die Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu beachten sind (s. o. Nr. 5 und 6).
Weitere Informationen entnehmen Sie dem HBE-Praxiswissen „Ferienjobs – Kinder, Schüler und Studenten“.
Im Rahmen des Paktes für Ausbildung gibt es seit 2004 einen neuen Einstieg in die Berufsausbildung für Jugendliche, die noch nicht voll für eine klassische Ausbildung geeignet sind (§ 54a SGB III).
Der EQJ-Vertrag, der bis zu einem Jahr dauert, wird zwischen dem Jugendlichen und der Arbeitsagentur vereinbart. Diese erstattet dem Arbeitgeber/Ausbilder monatlich bis zu 262,00 €, die an den Jugendlichen als Vergütung weitergegeben werden können/sollen, nicht müssen. Außerdem übernimmt die Arbeitsagentur für den Jugendlichen einen pauschalierten Gesamtsozialversicherungsbeitrag, der jährlich neu berechnet wird und zuletzt monatlich 131,00€ betrug. Ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis besteht während der Dauer der Einstiegsqualifikation nicht. Ziel ist die Übernahme in ein reguläres Ausbildungsverhältnis, wozu der Arbeitgeber aber nicht verpflichtet ist. Kontakte für Einstiegsqualifikationsverträge vermittelt die Arbeitsagentur und die IHK.
Hierbei wollen die Parteien zunächst nur die Voraussetzungen der Zusammenarbeit klären. Der Arbeitnehmer wird in den Betrieb aufgenommen, ohne Pflichten zu übernehmen. Er untersteht dabei lediglich dem Hausrecht des Arbeitgebers, nicht aber dem Direktionsrecht. Ein Arbeitsverhältnis liegt nicht vor, damit besteht grundsätzlich auch kein Vergütungsanspruch.
Ein sog. Einfühlungsverhältnis kann naturgemäß nur einen bzw. ganz wenige Tage dauern. Sobald dem Arbeitnehmer Aufgaben zugewiesen werden, er bestimmte Arbeiten übernimmt, weisungsgemäß anwesend ist, liegt ein vergütungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor.
Wer formlos ein sog. Einfühlungsverhältnis begründet, riskiert, dass eine anschließend vorgesehene sachgrundlose Befristung nicht mehr möglich ist. Ein solcher befristeter Vertrag kann nur vereinbart werden, wenn mit dem Arbeitnehmer niemals zuvor ein Beschäftigungsverhältnis bestanden hat. Kann der Arbeitnehmer darlegen, dass er vor Abschluss des befristeten Vertrages in dem Unternehmen schon „gearbeitet“ hat, ist eine Befristung unwirksam (vgl. HBE Praxiswissen „Befristete Verträge“).
