Im Rahmen der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern 2018 (LEP) wurde auch die Überarbeitung des Einzelhandelsziels erforderlich. Ausgangspunkt hierfür waren zwei Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, die während der Fortschreibungsphase zur Ansiedlung von Nahversorgungsbetrieben und zum Agglomerationsbegriff ergingen. Das Einzelhandelsziel wurde in diesem Zusammenhang konkretisiert und greift nun eine bisher bereits praktizierte Verwaltungspraxis auf.
Im Rahmen der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern (LEP) im Jahr 2018 erfolgte auch die Überarbeitung des Einzelhandelsziels. Grund hierfür waren zwei Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, die während der Fortschreibungsphase zur Ansiedlung von Nahversorgungsbetrieben und zum Agglomerationsbegriff ergingen. Das Einzelhandelsziel wurde in diesem Zusammenhang konkretisiert und greift damit eine bereits praktizierte Verwaltungspraxis auf.
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Eine Agglomeration gilt dann als Einzelhandelsgroßprojekt, wenn sie aus mindestens drei Einzelhandelsbetrieben besteht, die in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen. Ein weiteres Kriterium ist die erheblich überörtliche Raumbedeutsamkeit der Agglomeration. Die Agglomerationsregelung gilt nicht nur für Nahversorgungsbetriebe, sondern für alle Sortimente und Branchen. Für die Nahversorgung bedeutet dies, dass z.B. in allen Gemeinden ein Vorhaben mit zwei Nahversorgungsbetrieben mit bis zu jeweils 1.200 m² an einem Standort zulässig ist (z.B. ein Lebensmittelvollsortimenter bzw. Discounter und ein Getränkemarkt mit je 1.200 m² Verkaufsfläche). Umfasst die Agglomeration drei und mehr Einzelhandelsbetriebe, dann gelten die Berechnungsmaßstäbe des LEP zur Ermittlung der zulässigen Verkaufsfläche.
Die Unterscheidung in innenstadtrelevante Sortimente und nicht-innenstadtrelevante Sortimente wurde bereits bei einer früheren Fortschreibung ersetzt durch die Zuordnung der Sortimente in sog. „Bedarfsgruppen“. Diese Zuordnung der Sortimente ist wesentlich für die Zulässigkeit der Verkaufsgröße und die Ausnahmeregelung (z.B. keine Rückgriffsregelung für Nahversorgungsbetriebe).
Es werden im LEP drei Bedarfsgruppen unterschieden:
Nach der entsprechenden Zielformulierung des LEP, Kapitel Einzelhandelsgroßprojekte, 5.3.1. Lage im Raum gilt folgendes:
„Flächen für Betriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 der Baunutzungsverordnung sowie für Agglomerationen (Einzelhandelsgroßprojekte) dürfen nur in Zentralen Orten ausgewiesen werden.
Abweichend sind Ausweisungen zulässig
- für Betriebe bis 1 200 m² Verkaufsfläche, die ganz überwiegend dem Verkauf von Waren des Nahversorgungsbedarfs dienen, in allen Gemeinden; diese Ausweisungen sind unabhängig von den zentralörtlichen Funktionen anderer Gemeinden zulässig und unterliegen nur der Steuerung von Ziel 5.3.2.“
Danach können ausnahmsweise Nahversorgungsbetriebe bis 1.200 m² Verkaufsfläche in allen Gemeinden ausgewiesen werden, unabhängig ob es sich um einen Zentralen oder NichtZentralen Ort handelt. Der flächendeckenden Nahversorgung kommt dabei ein höheres Gewicht zu als möglichen Auswirkungen auf zentralörtliche Strukturen. Es ist bei einer Ansiedlung nur das Ziel einer städtebaulich integrierten Lage nach Ziel 5.3.2 zu beachten.
Es gilt wie bisher, dass die Betriebsformen Lebensmittelvollsortimenter und Discounter bei
dieser 1.200 m²-Regelung gleichgestellt sind. Sofern die Größe des Nahbereichs in einem
Zentralen Ort eine größere Verkaufsfläche als 1.200 m² zulässt, wird die Flächenleistung
entsprechend des Betriebstyps zur Berechnung herangezogen. Grundsätzlich gilt: Bis zum
Erreichen dieses Schwellenwertes von 1.200 m² Verkaufsfläche sind Nahversorgungsbetriebe, d.h. Vollsortimenter, Discounter und Getränkemärkte von der landesplanerischen
Überprüfung der Verkaufsfläche freigestellt.
Mit dieser Regelung wird die Entscheidung über die Ansiedlung bzw. Erweiterung von Nahversorgungsbetrieben in die Verantwortung der jeweiligen Gemeinde verlagert. Diese Lockerung setzt Vertrauen in die Planungshoheit der Gemeinden und in die verantwortungsbewusste Entscheidung hinsichtlich des Erhalts der ansässigen Betriebe, einer wohnortnahen
Versorgung und der Funktionsfähigkeit des Ortszentrums voraus.
Neben den oben genannten Festlegungen gibt es im Einzelhandelsziel Vorgaben, die speziell für die Ansiedlung von Betrieben mit Nahversorgungsbedarf zu beachten sind. Diese Vorgaben beziehen sich auf die Lage innerhalb der Gemeinde bzw. Ansiedlung in städtebaulicher Randlage und auf die Regelung für zusammengewachsene Gemeinden.
Städtebauliche Randlage
Nach dem geltenden LEP sind auch Einzelhandelsgroßbetriebe mit Nahversorgungsbedarf
in städtebaulichen Randlagen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
Als „städtebauliche Randlagen“ werden Standorte bezeichnet, die innerhalb eines baulich verdichteten Siedlungszusammenhangs ohne wesentliche Wohnanteile liegen. Die Notwendigkeit der fußläufigen Erreichbarkeit muss hierbei - im Gegensatz zum integrierten Standort - nicht erfüllt sein, jedoch ist eine ortsübliche Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erforderlich. Im Gegensatz dazu sind städtebaulich integrierte Standorte dadurch gekennzeichnet, dass sie innerhalb eines baulich verdichteten Siedlungszusammenhangs mit wesentlichen Wohnanteilen oder direkt angrenzend liegen und über einen anteiligen fußläufigen Einzugsbereich sowie eine ortsübliche Anbindung an den ÖPNV verfügen.
Voraussetzung für die ausnahmsweise Ansiedlung von Nahversorgungsbetrieben in städtebaulichen Randlagen ist laut Begründung zum Einzelhandelsziel im LEP „der Nachweis der
Gemeinde, dass im Gemeindegebiet keine ausreichenden städtebaulich integrierten Flächen
vorhanden sind, die für die Ansiedlung eines großflächigen Nahversorgungsbetriebes nach
objektiven Kriterien geeignet sind“. Es ist jedoch noch offen, was genau unter „topographischen Gegebenheiten“ und „objektiven Kriterien“ zu verstehen ist. Dies muss in einer Handlungsanleitung, die dringend erforderlich ist, näher erläutert werden.
Rückgriffsregelung
Für Gemeinden, zwischen denen enge räumliche Verflechtungen bestehen, eröffnet das LEP
mit der sog. Rückgriffsregelung besondere Möglichkeiten zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten. Dies gilt jedoch nur für Vorhaben mit Sortimenten des Innenstadtbedarfs. Für
Betriebe mit Nahversorgungsbedarf ist diese Möglichkeit, zusätzliche Kaufkraft aus der Nachbargemeinde bei der Verkaufsflächenberechnung einzubeziehen, wie bisher ausgeschlossen.
Die Regelungen zur Nahversorgung finden
Sie im Kapitel 5.3. Einzelhandelsgroßprojekte.
