Ab dem 01.01.2022 ist die neue EU-Warenkaufrichtlinie (Richtlinie (EU)2019/771) anwendbar, die die bisher geltende EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ablöst. Der deutsche Gesetzgeber hat die EU-Richtlinie weitgehend „eins zu eins“ in deutsches Recht umgesetzt und insbesondere auf Verlängerung der Gewährleistungsfrist verzichtet.
Ab dem 01.01.2022 ist die neue EU-Warenkaufrichtlinie (Richtlinie (EU)2019/771) anwendbar, die die bisher geltende EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ablöst. Der deutsche Gesetzgeber hat die EU-Richtlinie weitgehend „eins zu eins“ in deutsches Recht umgesetzt und insbesondere auf Verlängerung der Gewährleistungsfrist verzichtet. Durch die neuen Regelungen ändern sich gleichwohl viele Vorschriften im Gewährleistungsrecht für den Verbrauchsgüterkauf, die ab dem 01.01.2022 unbedingt beachtet werden sollten.
Das vorliegende Merkblatt soll einen Überblick über die Neuerungen geben, die im Kaufrecht durch die Warenkaufrichtlinie und das Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen zum 01.01.2022 in Kraft treten. Es beinhaltet keine umfassende Darstellung des gesamten Kaufgewährleistungsrechts.
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Die folgenden überblickartig dargestellten Änderungen sind zukünftig von besondere Bedeutung für Einzelhändler((GENDERNOTICE)):
Die neuen Regelungen gelten sachlich für Kaufverträge über Waren. Waren sind nach § 241 a BGB bewegliche Sachen, die nicht aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder durch andere gerichtliche Maßnahmen verkauft werden. Gegenüber dem bisher verwendeten Begriff der beweglichen Sache ist für den Einzelhandel damit keine inhaltliche Änderung verbunden.
Die Regelungen der Warenkaufrichtlinie (WK-RL) gelten nur für Verträge zwischen
einem Unternehmer((GENDERNOTICE)) und einem Verbraucher. Da dies im Einzelhandel der Regelfall
ist, sind die neuen Vorschriften gerade für Einzelhändler von besonderer Bedeutung.
Bei der Umsetzung im BGB ist diese Beschränkung auf Verbraucherverträge ganz
überwiegend auch beibehalten worden.
Lediglich einige wenige Vorschriften gelten jedoch für alle Kaufverträge. So wollte
der Gesetzgeber beispielsweise in § 434 BGB an einem einheitlichen Mangelbegriff für alle Kaufverträge festhalten, so dass die Änderungen insoweit auch für Kaufverträge zwischen Unternehmern gelten. Weitere Änderungen im allgemeinen Kaufrecht
betreffen den Nacherfüllungsanspruch (§ 439 Abs. 5 und 6) und den Lieferantenregress in §§ 445 a und b BGB.
Bei Verbraucherverträgen darf von den Regelungen grundsätzlich nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden, soweit Abweichungen nicht ausdrücklich zugelassen werden (vgl. § 476 BGB). Im Gegensatz zum Verbrauchsgüterkauf können die Vertragsparteien beim Kaufvertrag zwischen zwei Unternehmern leichter abweichende Vereinbarungen treffen.
Die neuen Regelungen gelten für Kaufverträge, die ab dem 01.01.2022 abgeschlossen werden. Für die bis zum 31.12.2021 abgeschlossenen Verträge gilt nach Art. 229, § 58 EGBGB noch die bisherige Rechtslage. Auch wenn ein Mangel erst nach Inkrafttreten der neuen Regelungen im Jahr 2022 auftritt,gelten für die bis zum 31.12.2021 abgeschlossenen Verträge die alten Regelungen fort.
Einzelhändlern steht es jedoch frei, die neuen Regelungen auch auf die noch im Jahr
2021 abgeschlossenen Verträge anzuwenden, soweit damit nicht zum Nachteil des
Verbrauchers von den bisher geltenden Regelungen abgewichen wird. Wird in der
Regel nicht der Fall sein, weil die neuen Vorschriften die Rechte der Verbraucher
tendenziell erweitern.
Eine entscheidende Frage im Gewährleistungsrecht ist, unter welchen Voraussetzungen eine Ware mangelhaft bzw. mangelfrei ist. Nach § 434 Abs. 1 BGB n.F. ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn Sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen entspricht.
Zu den subjektiven Anforderungen zählen nach § 434 Abs. 2 BGB n.F.:
Bei Kompatibilität ist die Funktionsfähigkeit gemeinsam mit anderen Waren gemeint, die mit der gekauftenWare üblicherweise zusammen benutzt werden (vgl. Art. 2 Nr. 8 WK-RL). Interoperabilitätmeint die Fähigkeit, mit einer anderen Soft- oder Hardware zu funktionieren (vgl. Art. 2 Nr.10 WK-RL). Letztlich ändert sich an den subjektiven Anforderungen für sich genommen damit wenig gegenüber der bisherigen Rechtslage.
Die objektiven Anforderungen sind nach Abs. 3 erfüllt, wenn
Die übliche Beschaffenheit bestimmt sich u. a. anhand der Menge, der Qualität, der Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit der Sache. Der Begriff der Haltbarkeit ist nicht im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie zu verstehen, sondern meint, dass die Ware zum Zeitpunkt der Übergabe die Fähigkeit hat, ihre Funktion und Leistung bei normaler Verwendung zu behalten (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/27424, S. 24). An die Äußerungen der anderen Akteure in der Lieferkette, beispielsweise Werbeaussagen des Herstellers, ist der Verkäufer nach § 434 Abs. 3 S. 2 BGB n.F. nicht gebunden, wenn er diese nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Aussage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt worden war oder die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. Dies entspricht der Regelung des bisherigen § 434 Abs. 1 S. 3 BGB.
Auch wenn mit der Übereinstimmung der Ware mit einer Probe oder einem Muster,
z. B. einem Ausstellungsstück sowie dem Zubehör neue Aspekte ausdrücklich erwähnt werden, wird insoweit nicht voneiner wesentlichen Änderung gegenüber der
bisherigen Rechtslage ausgegangen.
Wenn eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache nach § 434 Abs. 4 n.F.
den Montageanforderungen,
Auch wenn in der Gesetzesbegründung damit keine Änderung der Rechtslage bezweckt sein soll, könnte hiermit möglicherweise eine Umkehr der Beweislastfür die Mangelfreiheit der Montageanleitung verbunden, die in der bisherigen Vorschrift des § 434 Abs. 2 BGB nicht bestand.
Während die Änderungen innerhalb des subjektiven und objektiven Mangelberufs für
sich genommen gering sind, ist jedoch neu, dass beide gleichrangig gelten und die
jeweiligen Anforderungen kumulativ erfüllt sein müssen, damit eine Ware mangelfrei
ist. Bisher war eine Beschaffenheitsvereinbarung für die Frage, ob ein Mangel vorliegt, vorrangig. Nur wenn keine Vereinbarung über die Beschaffenheit vorlag, richtete sich die Mangelfreiheit nach den objektiven Kriterien. Dies ist im Massengeschäft
im Einzelhandel zwar der Regelfall. Auswirkungen könnten die Neuregelungen jedoch für den Verkauf von Ausstellungsstücken, B-Ware und von gebrauchten Waren
haben.
Danach ist es wahrscheinlich nicht ausreichend, dass ein Produkt z. B. lediglich als Ausstellungsstück gekennzeichnet wird, wenn es auch einen Kratzer hat. Vielmehr ist dann auch der Kratzer zu benennen. Welche Anforderungen in der Praxis an die Übermittlung der Information zu stellen sind,lässt sich aktuell nicht abschätzen. Es könnte ausreichen, wenn ein Schild über die Abweichung informiert, wenn diese besonders hervorgehoben ist. Eine persönliche Information durch einen Verkäufer ist vom Wortlaut nicht gefordert. Klarheit über die konkreten formellen Anforderungen wird möglicherweise erst durch eine gerichtliche Entscheidung geschaffen werden.
Außerdem muss die abweichende Beschaffenheit auch im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Danach dürfte eine einfache Bezahlung der Waren an der Kasse ausschließlich mit Aushändigung des Kassenbons nach den neuen Vorgaben beim Verkauf von Ausstellungsstücken oder B-Ware nicht mehr ausreichend sein. Vielmehr ist nach der Formulierung eher davon auszugehen, dass ein schriftlicher Vertrag vorliegen muss, in dem die von der objektiven Beschaffenheit abweichenden Merkmale in hervorgehobener Weise ausdrücklich genannt werden. Klauseln in Formularverträgen reichen der Gesetzesbegründung nach nicht aus. Im Onlinehandel ist danach ein vorangekreuztes Kästchen unzureichend, ein vom Verbraucher selbst anzukreuzendes Kästchen erfüllt dagegen die Anforderungen an eine ausdrückliche und gesonderte Vereinbarung (vgl. Gesetzesbegründung. BT-Drs. 19/27424, S. 42).
Werden diese neuen Anforderungen nicht beachtet, kann ein Verbraucher trotzKenntnis eines Mangels beim Kauf dennoch Nachbesserung vom Verkäufer verlangen.
Bei Gewährleistungsfällen spielt in der Praxis die Verjährungs- bzw. Gewährleistungsfrist eine wichtige Rolle. Denn danach richtet sich, wie lange der Verkäufer gegenüber dem Verbraucher für Mängel an der Kaufsache einstehen muss.
Auch nach der neuen Rechtslage verjähren die Ansprüche des Verbrauchers wegen eines Sachmangels an der Ware gemäß § 438 BGB nach zwei Jahren ab Übergabe der Sache an den Verbraucher. Insoweit ändert sich im Vergleich zur bisherigen Rechtslage nichts. Neu sind dagegen zwei sog. Ablaufhemmungen, die ausschließlich für Verbraucherverträge gelten.
Nach § 475e Abs. 3 BGB n.F. tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von vier Monaten ein, nachdem sich der Mangel (innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist) gezeigt hat. Hintergrund für die Regelung ist, dass die Warenkaufrichtlinie vorschreibt, dass Verbraucher ihre Rechte wegen Mängeln, die innerhalb von zwei Jahren nach Übergabe der Ware auftreten, auch noch vollumfänglich geltend machen können.
Daneben kommen nach bisheriger Einschätzung auch weiter die allgemeinen Verjährungsvorschriften des BGB zur Anwendung (vgl. Lorenz, NJW 2021, 2065, 2072). Danach soll die Entgegennahme der Ware zur Nacherfüllung regelmäßig zugleich auch als Verhandlung im Sinne des § 203 S. 1 BGB gelten, so dass eine Ablaufhemmung von drei Monaten ab Ende der Verhandlungen zur Anwendung komme. Die Ablaufhemmung des § 475e Abs. 4 BGB soll danach im Wesentlichen zur Anwendung kommen, wenn der Unternehmer deutlich zum Ausdruck bringe, dass er sich nicht zur Mangelbeseitigung verpflichtet sehe und aus Kulanz handele. Zudem könnte bei einer Nacherfüllung des Verkäufers weiter ein Neubeginn der Verjährungsfrist in Betracht kommen, wenn diese als Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB anzusehen ist. Maßgeblich ist dabei, ob der Verkäufer aus der Sicht des Verbrauchers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits, sondern in dem Bewusstsein handelt, zur Nachbesserung verpflichtet zu sein. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2005 - VIII ZR 16/05 und Beschluss vom 23.8.2012 - VII ZR 155/10. Für die Bewertung dieses Umstandes kommt es danach vorallem auf den Umfang, die Dauer und die Kosten der Mängelbeseitigungsarbeiten an.
Verbraucher haben Gewährleistungsansprüche nur dann, wenn der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, also in der Regel bei Übergabe der Kaufsache an den Verbraucher, vorgelegen hat.Nach aktueller Rechtslage wird in den ersten sechs Monaten vermutet, dass ein sich zeigender Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen hat, wenn diese Vermutung nicht mit der Art der Sache oder des Mangels vereinbar ist. Damit ist die Vermutung zwar widerlegbar, in der Praxis ist es jedoch kaum möglich nachzuweisen, dass ein Defekt etwa durch unsachgemäßen Gebrauch vom Verbraucher verursacht worden ist. Selbst wenn dies technisch möglich wäre, ist der damit verbundene Kostenaufwand in aller Regel zu hoch. Den Vorgaben der Warenkaufrichtlinie entsprechend wird diese Beweislastumkehrfrist auf ein Jahr verdoppelt (§ 477 Abs. 1 BGB n.F.). Nur für den Verkauf von lebenden Tieren bleibt es bei der sechsmonatigen Beweislastumkehrfrist.
Völlig neu im Gewährleistungsrecht des BGB sind die Regelungen für Waren mit digitalen Inhalten in § 475b bis 475c BGB n.F. Parallel zu den Änderungen im Kaufgewährleistungsrecht sind auch Vorschriften für digitale Dienstleistungen und digitale Inhalte in § 327 ff BGB eingefügt worden. Daher sind zunächst Abgrenzungsfragen von großer Bedeutung für die Praxis.
Eine Ware mit digitalen Elementen ist nach § 327a Abs. 3 S. 1 BGB n.F. eine Ware, die digitale Produkte oder Dienstleistungen in einer Weise enthält, dass sie ohne diese ihre Funktion nicht erfüllen kann (funktionales Element). Außerdem muss der Vertrag die Bereitstellung des digitalen Elements umfassen (vertragliches Element). Beim Verkauf einer Sache mit digitalen Elementen wird nach § 327 Abs. 3 S. 2 BGB n.F. jedoch vermutet, dass die Verpflichtung des Verkäufers die Bereitstellung der digitalen Elemente umfasst. Verkäufer können sich also in der Regel nicht darauf berufen, dass eine mitverkaufte Software nicht zum Lieferumfang des Kaufvertrages gehört habe, wenn dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.
Beispiele sind u. a. ein Navigationsgerät mit Kartenmaterial oder ein Smartphone, Tablet oder Notebook mit Betriebssystem. Auch in vielen elektrischen Geräten ist eine Steuerungssoftware eingesetzt, die dieVerbraucher gar nicht selbst als Software wahrnehmen. Auch in diesen Fällen ist eine Nutzung ohne die eingesetzte Software nicht möglich, so dass diese Produkte von der Definition der Ware mit digitalen Elementen erfasst sind.
Die Regelungen für Waren mit digitalen Elementen sind dagegen nicht anwendbar, wenn das mitverkaufte digitale Element nicht für die Funktion der Ware erforderlich ist oder das digitale Element ausdrücklich nicht vom Kaufvertrag umfasst ist. An der vertraglichen Einbeziehung fehlt es beispielsweise,wenn das digitale Element ausdrücklich ausgenommen ist und ein gesonderter Vertrag über die Bereitstellung der digitalen Inhalte abgeschlossen wird. Die Frage, ob eine Software zum Funktionieren der Ware unbedingt erforderlich ist, dürfte im Einzelfall deutlich schwerer zu beurteilen sein. Eine Software wird den Funktionsumfang oftmals erweitern. Letztlich kommt es für die Beurteilung auf die Frage an, ob es bei der Abgrenzung nur auf die Kernfunktion ankommt oder auch nachgelagerte wesentliche Funktionen erfasst sind (Beispiel: Office-Programme auf einem Notebook).
Wenn entweder das verbindende funktionale oder das gemeinsame vertragliche Element fehlen, sind auf die Ware die Regelungen des Kaufvertrags und auf das digitale Element die Vorschriften der §§ 327ff BGB n.F. für Verträge über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen anzuwenden.
Bei sog. Paketverträgen, z. B. einem Vertrag über die Nutzung eines VideoStreaming-Dienstes mit gleichzeitigem Abschluss eines Kaufvertrages über einen Fernseher, richtet sich der Video-Streaming-Vertrag nach § 327 ff BGB n.F., der Fernseher als Sache mit digitalen Elementen nach § 433 ff. BGB inkl. der Vorschriften der §§ 475b und 475c.
Für digitale Inhalte, die auf einem Datenträger verkauft werden, regelt § 475a Abs. 1 BGB, dass für diese weitestgehend die Vorschriften der §§ 327 ff. für digitale Produkte Anwendung finden.
Beispiele hierfür sind Musik-CDs, DVDs mit Computerprogrammen, Spielen oder Filmen, aber auch USB-Sticks, die ausschließlich als Träger der digitalen Inhalte verkauft werden. Hintergrund für die Regelung ist, dass für digitale Inhalte unabhängig
von der Art der Bereitstellung die gleichen Vorschriften gelten. Es soll nicht darauf
ankommen, ob ein digitaler Inhalt aus dem Internet per Download oder auf einem
Datenträger bereitgestellt wird. Für leere Datenträger, die als Speichermedium verkauft werden,gelten nach wie vor die Regelungen des Kaufrechts.
Wenn bei einer Ware mit einem digitalen Element eine Installation durchzuführen ist, ist die Ware nur mangelfrei, wenn
Die Regelung entspricht damit der zur Montage in § 434 Abs. 4 BGB n.F. Auch für die Mangelfreiheit der Installationsanleitung trägt also der Händler die Beweislast. Dies gilt sowohl für die erstmalige Installation des digitalen Elements als auch für die Aktualisierungen (vgl. § 475b Abs.5 BGB n.F.).
Für Waren mit digitalen Elementen wird erstmals eine Pflicht des Verkäufers geschaffen, Verbrauchern Aktualisierungen für die enthaltene Software bereitzustellen. Für Verträge zwischen zwei Unternehmern gelten die Vorschriften nicht.
Danach müssen Händler Verbrauchern für das jeweils erworbene Produkt von sich aus Aktualisierungen bereitstellen, um die Sache vertragsgemäß zu erhalten. Eine Ausweitung oder Verbesserung des Funktionsumfangs ist nicht erforderlich. Sicherheitsupdates, die notwendig sind, um Sicherheitslücken zu schließen, die durch Schadprogramme ausgenutzt werden könnten, gehören dagegen regelmäßig zum Umfang der Aktualisierungen. Insoweit besteht künftig ein Dauerschuldverhältnis zwischen dem Verkäufer und dem Verbraucher.
Die Aktualisierungen müssen so lange bereitgestellt werden, wie es vereinbart ist, mindestens aber solange, wie es der Verbraucher unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwartenkann. Dabei kommt es nicht auf die individuellen Erwartungen des einzelnen Verbrauchers an, sondern auf die objektiven Erwartungen eines durchschnittlichen Verbrauchers.
In Erwägungsgrund (31) der Warenkauf-Richtlinie heißt es zur Länge des Aktualisierungszeitraums:
Die Länge des Aktualisierungszeitraums ist damit äußerst unbestimmt. Eine Konkretisierung des Zeitraums muss für das jeweilige Produkt einzeln erfolgen. Anhaltspunkte können Werbeaussagen des Herstellers, der Kaufpreis und die übliche Nutzungsdauer von vergleichbaren Waren sein.
Die Aktualisierungen müssen funktionsfähig sein und dürfen nicht selbst Fehler enthalten. Der Händler muss die Updates nicht selbst installieren, sondern diese lediglich bereitstellen. Die Aktualisierungen müssen auch nicht zwingend vom Verkäufer selbst bereitgestellt werden, sondern können auch von einem Dritten, z. B. vom Hersteller, zur Verfügung gestellt werden. Gleichwohl muss der Händler einem Verbraucher, der sich wegen einer Aktualisierung an ihn wendet, direkt weiterhelfen, weil der Händler gesetzlich verpflichtet ist, dem Verbraucher die Aktualisierung bereitzustellen. Dazu kann er ein Update für eine Ware, die typischerweise mit dem Internet verbunden ist, wohl online auf der Internetseite bereitstellen und einem Verbraucher den Link hierzu nennen. Auch die Nennung eines Links auf der Internetseite des Herstellers könnte ausreichend sein. Nicht ausreichend ist jedoch eine pauschale Verweisung an den Hersteller, ohne dass dem Verbraucher eine konkrete Möglichkeit genannt wird, das Update selbst herunterzuladen und zu installieren. Bei Geräten, die typischerweise nicht mit dem Internet verbunden sind und dennoch ein Update benötigen, kann es auch erforderlich sein, das Update auf einem geeigneten Datenträger zur Verfügung zu stellen.
Auch eine mangelfreie Installationsanleitung gehört zum Umfang der Aktualisierungspflicht (vgl. unten unter 5.)
Stellt der Verkäufer bzw. ein Dritter die erforderlichen Aktualisierungen nicht von sich aus dem Verbraucher bereit, ist die Ware mit digitalen Elementen mangelhaft. Wie bei einem anderen Mangel hat der Verbraucher einen Nacherfüllungsanspruch, wenn ihm keine Aktualisierungen bereitgestellt worden sind. Wenn der Verkäufer die Aktualisierungen auch dann nicht bereitstellen kann, z. B. weil der Hersteller das Update nicht bereitstellt und auch keine anderweitige Möglichkeit der Bereitstellung mit verhältnismäßigem Aufwand besteht, wird der Verkäufer zwar gemäß § 275 BGB von seiner Pflicht zur Nacherfüllung frei. Der Verbraucher kann dann jedoch den Kaufpreis mindern oder vom Kaufvertrag zurückzutreten. Der Verkäufer kann seine Aufwendungen zur Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers dann – wie bei einem Sachmangel auch – im Wege des Regresses gegenüber seinem Lieferanten geltend machen. Die Aktualisierungspflicht wird hierzu in § 445 Abs. 1 BGB n.F. gesondert erwähnt.
Abweichungen von der Aktualisierungspflicht sind grundsätzlich möglich. Hierfür gelten aber die oben erläuterten hohen formellen Anforderungen an Vereinbarungen, mit denen zum Nachteil des Verbrauchers von den objektiven Anforderungen an die Mangelfreiheit der Waren abgewichen wird. Der Verbraucher muss also vor Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt werden, dass Aktualisierungen nicht oder nur für einen kürzeren Zeitraum bereitgestellt werden. Dies muss im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. (vgl. § 476 Abs. 1 BGB n.F.).
Den Vorgaben der Warenkaufrichtlinie entsprechend sieht § 475 b Abs. 4 Nr. 2 BGBn.F. vor, dass Verbraucher über die Aktualisierungen informiert werden. Auch die Information ist Bedingung für die Mangelfreiheit der Ware, wenn diese über digitale Elemente verfügt.
In der Praxis stellt auch diese Regelung eine Herausforderung dar, weil die Daten der Verbraucher in vielen Fällen beim Kauf im stationären Handel nicht vorliegen. Auf welche Art die Information zu erbringen ist, ist nicht ausdrücklich geregelt. Der Gesetzgeber hat hierzu noch folgende Hinweise gegeben:
(Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 21.Juni2021, Ausschussdrucksache19(6)284, S.18.)
Nicht jedes mit dem Internet verbundene Gerät wird aktuell einen Hinweis auf ein
bereitstehendes Update selbst anzeigen können. Für die Produkte, bei denen die
Information nicht automatisch über das Gerät möglich ist, muss eine andere Art der
Information erfolgen. Ob ein allgemeiner Hinweis auf der Internetseite des Händlers
ausreicht, dass eine Aktualisierung zum Download bereitsteht, ist zweifelhaft. Der
oben zitierte Text aus dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen lässt auch den
Schlusszu, dass der Verbraucher zumindest die Möglichkeit haben muss, die Information direkt selbst zu erhalten. Denkbar wäre, beim Verkauf einer Ware mit einem
digitalen Element einen Hinweis auf die Möglichkeit zur Anmeldung zu einem
Newsletter (des Händlers oder des Herstellers) zu geben. Wenn der Verbraucher im
stationären Handel jedoch keine Daten für eine Information zur Verfügung stellen
möchte, kann letztlich nur über die eigene Internetseite informiert werden. Im Onlinehandel liegen dagegen die E-Mail-Adressen vor, so dass eine direkte Information per
Mail in der Regel möglich ist.
Auch eine per Newsletter bereitgestellte Information über Aktualisierungen ist nicht
unproblematisch. Auch diese muss den Anforderungen des Datenschutz- und Wettbewerbsrechts genügen. Wenn Update-Informationen und andere typische Newsletterinhalte, wie z. B. Werbung, kombiniert werden sollen, muss für letztere eine entsprechende Einwilligung vorliegen. Die Update-Informationen müssen zumindest
auch ohne Erteilung einer Einwilligung in Newsletterinhalte mit werblichem Charakter zu erhalten sein. Die Update-Information selbst dient, jedenfalls im Hinblick auf die
konkret vom Verkäufer erworbene Ware, der Vertragsdurchführung. Die Datenverarbeitung beruht daher auf einer anderen Rechtsgrundlage als die Datenverarbeitung
zum üblichen Newsletterversand.
Es kann die Situation eintreten, dass der Verbraucher trotz entsprechender Information ein Update nicht aktualisiert und die Sache daher mangelhaft wird. Dann haftet der Händler nach § 475b Abs. 5 BGB n.F. nur dann nicht,
§ 475c BGB n.F. sieht besondere Regelungen vor, wenn digitale Elemente dauerhaft bereitgestellt werden. Dies ist für den Kaufvertrag eher untypisch, wird von der Warenkaufrichtlinie jedoch dem Kaufrecht zugeordnet. In der Praxis wird diese Konstellation wohl seltener vorkommen.
Eine dauerhafte Bereitstellung wird in der Gesetzesbegründung als „fortlaufende Bereitstellung über einen Zeitraum“ definiert. Als Beispiele für digitale Elemente, die dauerhaft bereitzustellen sind, werden Verkehrsdaten in einem Navigationssystem, die Cloud-Anbindung bei einer Spiele-Konsole oder eine Smartphone-App zur Nutzung verschiedener Funktionen in Verbindung mit einer intelligenten Armbanduhr (Smartwatch) genannt.
§ 475 Abs. 1 S. 2 BGB n.F. bestimmt, dass sich die Bereitstellungszeit nach den objektiven Verbrauchererwartungen richtet (siehe oben), wenn keine Bereitstellungsdauer vereinbart ist. Während der Bereitstellungsdauer, mindestens aber für die Dauer von zwei Jahren ab Ablieferung der Sache, haftet der Händler dafür, dass die digitalen Elemente mangelfrei bleiben, d. h. den subjektiven und objektiven Anforderungen an die Sache und den Montageanforderungen entsprechen (§ 434 BGB n.F.) sowie den Installationsanforderungen entsprechen und Aktualisierungen inkl. der Information hierüber bereitgestellt werden (§ 474b Abs. 2).
Außerdem greift in diesen Fällen eine erweiterte Beweislastumkehr: Wenn sich innerhalb des Bereitstellungszeitraums bzw. innerhalb von zwei Jahren ein von den vertraglichen Anforderungen abweichender Zustand an den digitalenElementen zeigt, wird vermutet, dass die digitalen Elemente während der bisherigen Dauer der Bereitstellung mangelhaft waren (§ 477 Abs. 2 BGB n.F.). Hintergrund für diese Regelung ist, dass digitale Elemente im Gegensatz zu einer Sache keiner Abnutzung unterliegenund dass der Verbraucher keine Möglichkeit hat, die digitalen Elemente zu untersuchen.
Sowohl bei der dauerhaften Bereitstellung digitaler Elemente als auch für Ansprüche des Verbrauchers,die sich auf die Aktualisierungspflicht beziehen, bestehen gesonderte Verjährungsregelungen. Die Verjährung endet insoweit frühestens nach Ablauf von 12 Monaten ab Ende des Bereitstellungszeitraums bzw. des Aktualisierungszeitraums. Die Ablaufhemmung soll den Verbraucher in die Lage versetzen, das letzte Update sowie eventuelle Ansprüche wegen Mängeln daran noch geltend machen zu können.Während dieser zwölf Monate müssen also keine weiteren neuen Updates mehr zur Verfügung gestelltwerden, sondern lediglich das letzte Update aus dem Bereitstellungs- bzw. Aktualisierungszeitraum weiter verfügbar sein.
Grundsätzlich bleibt es dabei, dass der Käufer vorrangig einen Anspruch auf Nacherfüllung, also Nachbesserung (Reparatur) oder Nachlieferung (Austausch der Ware) nach § 439 BGB hat. Erst nachrangig können Käufer die sog. sekundären Gewährleistungsrechte geltend machen, also vom Vertrag zurücktreten, Schadensersatz statt der Leistung verlangen oder den Kaufpreis mindern. Wenn der Verbraucher berechtigt mindert oder vom Vertrag zurücktritt, ist der Verkäufer zur anteiligen oder vollständigen Rückerstattung des Kaufpreises verpflichtet.
Die Voraussetzungen, unter denen Verbraucher vom Vertrag zurücktreten, Schadensersatz statt der Leistung fordern oder den Kaufpreis mindern können, werden in § 475d BGB n.F. zu Gunsten von Verbrauchern teilweise abweichend von den allgemeinen Vorschriften des BGB geregelt. Für die Geschäfte, die nicht zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher abgeschlossen werden, gelten die allgemeinen Regelungen der §§ 281, 323 und 440 BGB weiterhin.
Nach § 475 Abs. 5 BGB n.F. hat der Händler die Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher durchzuführen. Dabei ist die Art der Ware und ihr Verwendungszweck zu berücksichtigen.
Dass dem Käufer im Zusammenhang mit der Nacherfüllung keine erheblichen Unannehmlichkeiten entstehen dürfen, ist bereits in der aktuell geltenden Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geregelt und daher nichtneu. Die Frage kann bei der Bewertung eine Rolle spielen, ob der Verbraucher die mangelhafte Ware selbst an den Verkäufer zurückschicken muss. Dies verneint der EuGH in einem Urteil vom 23.05.2019(Az.: C-52/18) für besonders große, schwere oder sperrige Gegenstande. Im vom EuGH entschiedenen Fall ging es um ein mangelhaftes Partyzelt mit einer Grundfläche von 30 m². Bei kleineren Gegenständen, die einfach per Paket versandt werden können, kann danach aber vom Verbraucher verlangt werden, dass diese zurückgebracht oder an den Verkäufer zurückgesandt werden. Letztlich ist die Frage im Einzelfall zu entscheiden. Die Rechtslage dürfte sich insoweit nicht geändert haben.
Neu ist jedoch insbesondere, dass eine ausdrückliche Fristsetzung des Verbrauchers zur Nacherfüllungnach § 323 Abs. 1 BGB nicht mehr erforderlich ist, bevor dieser vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern kann. Die Nacherfüllung hat nach § 475 Abs. 5 BGB n.F. selbst in angemessener Frist zu erfolgen. Die Länge der Frist ist im Einzelfall zu bestimmen, abhängig von der Art der Ware und dem Zweck, für den sie benötigt wird. Die Frist beginnt, wenn der Verbraucher den Händler über den Zeitpunkt des Mangels unterrichtet hat. Wenn der Verbraucher die Wahl zwischen einer Nachbesserung oder einer Nachlieferung hat, setzt der Fristbeginn jedoch die Entscheidung des Verbrauchers für eine Variante der Nacherfüllung voraus, da der Anspruch ansonsten nicht fällig ist.
Wird die Frist für die Nacherfüllung vom Unternehmer nicht eingehalten, kann der Verbraucher unmittelbar und ohne weitere Zwischenschritte vom Vertrag zurücktreten (§ 475d Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.).
Auch die übrigen Voraussetzungen werden zu Gunsten des Verbrauchers gesenkt: Nach § 475d Abs. 2 BGB n.F. kann der Verbraucher sofort zurücktreten, wenn sich trotz der vom Unternehmer versuchten Nacherfüllung ein Mangel zeigt. Es soll nicht mehr darauf ankommen, ob der Mangel trotz einer Nacherfüllung fortbesteht oder anlässlich der Nachbesserung ein neuer Mangel vom Unternehmer verursacht worden ist.
Teilweise wird aus der Formulierung der Schluss gezogen, dass Verbraucher generell nach einem erfolglosen Nachbesserungsversuch vom Vertrag zurücktreten können. Dies ist jedoch der Gesetzesbegründung zufolge nicht der Fall. Die Anzahl der möglichen Nachbesserungsversuche wird weder durch die Warenkaufrichtlinie noch durch § 475d Abs. 2 Nr. 2 BGB n.F. geregelt. Vielmehr soll dies anhand des Einzelfalls bestimmt werden, abhängig von der Art und dem Wert der Kaufsache sowie der Art und der Bedeutung des Mangels. Die Maßstäbe werden hier wie oben bei der Frist zur Nacherfüllung erst im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung konkretisiert werden. Dies erschwert die praktische Anwendung der neuen Regelungen. Vermutlich wird die Regelung dazu führen, dass häufiger als bisher ein Rücktritt nach einem erfolglosen Nacherfüllungsversuch in Betracht kommen wird.
Ob auch dann ein sofortiger Rücktritt möglich ist, wenn sich innerhalb der Gewährleistungsfrist nach einer Nachbesserung mit großem zeitlichen Abstand ein neuer
Mangel zeigt, lässt sich aktuell nicht abschließend beurteilen. Während der Wortlaut
des § 475d Abs. 1 Nr. 2 BGB dafür spricht, wird diese Fallkonstellation in der Begründung nicht erwähnt. Darin sind lediglich die Fälle angesprochen, dass die Nachbesserung erfolglos ist und dass der Unternehmer dabei einen anderen Mangel verursacht.
Nach § 475d Abs. 1 S. 3 BGB n.F. bedarf es einer Nachbesserungsfrist auch nicht,
wenn der Mangel derart schwerwiegend ist, dass der sofortige Rücktritt gerechtfertigt
ist. Der Gesetzesbegründung zufolge sollen die widerstreitenden Interessen des Verbrauchers und des Unternehmers im Einzelfall im Rahmen einer Abwägung berücksichtigt werden. Die weitere Konkretisierung hat der Gesetzgeber bewusst der Rechtsprechung überlassen und auch insoweit eine unklare Rechtslage geschaffen.
Nach diesseitiger Auffassung sollte die Anwendung der Regelung auf ganz außergewöhnliche Fälle begrenzt sein, in denen der Verbraucher wegen der Art des Mangels kein Vertrauen in die Fähigkeit des Verkäufers haben kann, einen vertragsgemäßen Zustand herzustellen. Dafür spricht der Charakter der Ausnahmevorschrift. Die Warenkaufrichtlinie nennt als Beispiel ein Antivirenprogramm, dass selbst einen Virus enthält. Auch an dem Beispiel zeigt sich, dass für die Ausnahmevorschrift nicht jeder Mangel ausreichen kann, der dazu führt, dass eine Ware ihre Funktion verliert, sondern dass ganz besonders schwerwiegende Aspekte hinzutreten, die das Vertrauen in den Verkäufer und dessen Produkte erheblich beeinträchtigen. Es bleibt aber letztlich abzuwarten, wie die Regelung von der Rechtsprechung ausgelegt werden wird.
Nach § 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB kann der Verbraucher auch sofort zurücktreten, wenn der Unternehmerdie gemäß § 439 Abs. 1 und 2 oder § 475 Abs. 5 BGB ordnungsgemäße Nacherfüllung verweigert hat.Die Regelung umfasst sowohl Fälle einer berechtigten Verweigerung der Nacherfüllung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten nach § 439 Abs. 4 BGB als auch Fälle der unberechtigten Verweigerung der Nacherfüllung. Es sind nicht bloß die Fälle erfasst, in denen der Unternehmer jede Einstandspflicht zurückweist. Auch wenn sich der Unternehmer weigert, die Kosten der Nacherfüllung entgegen § 439 Abs. 2 BGB vollständig zu tragen, ist ein sofortiger Rücktritt möglich. Das gleiche gilt, wenn eine fristgerechte Nacherfüllung oder eine Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten verweigert wird. Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage werden die formellen Anforderungen an die Verweigerung des Verkäufers gesenkt. § 475d Abs. 1 S. 4 BGB n.F. setzt nicht mehr voraus, dass die Nacherfüllung „ernstlich und endgültig“ verweigert wird.
§ 475d Abs. 5 BGB n.F. lässt eine Nacherfüllungsfrist entfallen, wenn es nach den Umständen offensichtlich ist, dass der Unternehmer nicht gem. § 439 Abs. 1 und 2 sowie § 475 Abs. 5 BGB n.F. ordnungsgemäß erfüllen wird. In diesen Fällen ist eine Verweigerung durch den Unternehmer nicht erforderlich.
Anstatt vom Vertrag zurückzutreten kann der Verbraucher auch nach § 441 BGB den Kaufpreis mindern. Nach § 475d Abs. 2 BGB n.F. sind die o. g. Ausnahmen von der Nacherfüllungsfrist auch auf dieForderung des Schadensersatzes statt der Leistung nach § 281 Abs. 1 BGB anwendbar.
Neu ist auch die ausdrückliche Regelung des § 439 Abs. Abs. 6 BGB n.F. für den Fall der Ersatzlieferung, dass der Verkäufer die mangelhafte Sache auf eigene Kosten zurückzunehmen hat. Im Falle einer Ersatzlieferung hat der Verkäufer gegenüber dem Verbraucher weiterhin keinen Anspruch auf Nutzungsersatz (§ 439 Abs. 5 i.V.m. § 475 Abs. 3 BGB).
Wenn der Verbraucher berechtigt vom Vertrag zurücktritt, ist der Händler zur Erstattung
des Kaufpreises verpflichtet. Für die Fälligkeit des Rückerstattungsanspruchs reicht
es aus, dass der Verbraucher die Rücksendung nachweisen kann. Das Versandrisiko
trägt damit der Unternehmer. Die Kosten der Rückgabe der Ware hat ebenfalls der
Unternehmer zu tragen (§ 475 Abs.6 BGB n.F.).
Mit der Erweiterung der Verbraucherrechte geht auch eine entsprechende Erweiterung des Regressanspruchs des Verkäufers einher. Danach kann der Verkäufer von seinem Lieferanten Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Verhältnis zum Käufer nach § 439 Abs. 2, 3 und 6 Abs. 2 sowie nach § 475Abs. 4 BGB zu tragen hatte, wenn der vom Käufer geltend gemachte Mangel bereits beim Gefahrübergang auf den Verkäufer vorhanden war oder in einer Verletzung der Aktualisierungspflicht nach § 475b Abs. 4 beruht.
Der Regressanspruch umfasst daher explizit auch die Kosten der Rücknahme der
mangelhaften Warebei einer Ersatzlieferung (§439 Abs. 6 S. 2 BGB n.F.) und der
Nachbesserung im Rahmen der Verletzung der Aktualisierungspflicht im Rahmen der
objektiven Anforderungen nach § 475b Abs. 4 Nr. 2 BGB n.F., also während des Zeitraums, den der Verbraucher erwarten kann. Dagegen haftet der Lieferant nicht für
darüberhinausgehende Vereinbarungen zwischen Verkäufer und Verbraucher zur
Bereitstellung von Aktualisierungen nach § 475b Abs. 3 Nr. 2 BGB n.F.
Besondere Vorschriften bestehen bisher für die Verjährung des Regressanspruchs.
Grundsätzlich verjährt auch der Aufwendungsersatzanspruch nach § 445a BGB innerhalb von zwei Jahren ab Ablieferung der Sache vom Lieferanten an den Verkäufer.
Weil dies aber regelmäßig dazu führen würde, dass die Aufwendungsersatzansprüche (Regressansprüche) des Verkäufers vor den Mangelbeseitigungsansprüchen
des Verbrauchers gegenüber dem Verkäufer verjähren, gibt es auch hier bereits seit
langemeine Ablaufhemmung. Durch die Ablaufhemmung des § 445b Abs. 2 S. 1 BGB
verjähren die Regressansprüche des Verkäufers nicht vor Ablauf von zwei Monaten
ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verkäufer die Ansprüche des Käufers erfüllt hat. Diese
Ablaufhemmung ist jedoch nach aktueller Rechtslage wiederum begrenzt, so dass die
Ansprüche des Verkäufers spätestens nach fünf Jahren ab der Ablieferung der Sache
vom Lieferanten an den Verkäufer verjähren. Diese Begrenzung der Ablaufhemmung
wurdenun gestrichen. Dies ist angesichts der Regelungen zur Aktualisierungsverpflichtung für digitale Elemente einer Ware auch sachgerecht, um eine Regresslücke
zu vermeiden. Denn der Aktualisierungszeitraum ist sehr unbestimmt und es ist bei
teureren Geräten denkbar, dass der Aktualisierungszeitraum und die sich anschließende Ablaufhemmung von 12 Monaten zusammen fünf Jahre ab Ablieferung anden
Verbraucher ausmachen können. Da die Begrenzung der Ablaufhemmung nach §
445b Abs. 2 S. 2 BGB a.F. aber mit der Ablieferung des Lieferanten an den Verkäufer
beginnt, würde bereits in diesem Fall eine Regresslücke bestehen.
Künftig kann der Regressanspruch gegenüber dem Lieferanten daher auch noch
nach Ablauf von fünf Jahren geltend gemacht werden. Der Regressanspruch muss
aber weiter innerhalb von zwei Monaten ab der Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers geltend gemacht werden. Ansonsten tritt im Hinblick auf die Regressansprüche Verjährung ein, wenn die Ablieferung vom Lieferanten an den Verkäufer
mehr als zwei Jahre zurückliegt.
Beim Verbrauchsgüterkauf gilt weiter die Regelung des § 478 Abs. 2 BGB, nach der
von den wesentlichen Regelungen für den Regressanspruch nicht abgewichen werden kann, wenn dem Rückgriffsgläubiger kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt
wird. Hier werden ausdrücklich auch die Regelungen zu Waren mit digitalen Elementen in den §§ 475b und 475c BGB n.F. einbezogen.
Die Vorgaben für Garantien sind wie bisher in § 479 BGB geregelt. Die inhaltlichen Anforderungen an die Garantieerklärung wurden jedoch ausgeweitet.
Die Garantieerklärung muss danach mindestens folgenden Inhalt haben:
Die Garantieerklärung ist dem Verbraucher nach § 479 Abs. 2 BGB n.F. auf einem
dauerhaften Datenträger nach § 126b S. 2 BGB zur Verfügung zu stellen, also auf
Papier, USB-Stick, CD-ROM, Speicherkarte oder E-Mail.
Der Gesetzesbegründung zufolge bleibt es der unternehmerischen Entscheidung
überlassen, ob die Garantieerklärung etwa gemeinsam mit vorvertraglichen Informationen, bei Vertragsschluss oder gemeinsam mit der Kaufsache zur Verfügung gestellt wird (vgl. BT-Drs. 19/27424, S. 48).
Unklar ist dagegen die Frage, was unter dem Begriff des Zur-Verfügung-Stellens zu
verstehen ist. Hierzu enthalten weder die Gesetzesbegründung noch die Warenkaufrichtlinie selbst nähere Hinweise. Da dem Verbraucher die Garantieerklärung auf einem
dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen ist, reicht ein Aushang – wie bei den
Informationen nach Art. 246 EGBGB – wohl nicht aus, da dieser dem Verbraucher
keine Aufbewahrung und Wiedergabe der Erklärung nach § 126bBGB ermöglicht.
Die Anforderungen sind dagegen rechtssicher zu erfüllen, wenn der dauerhafte Datenträger mit der enthaltenen Garantieerklärung an den Verbraucher persönlich oder
mit der Ware selbst ausgehändigt wird, z.B. durch eine Beilage mit dem Produkt in
der Verpackung.
Letzteres ist jedoch bei eigenständigen Händlergarantien oftmals nicht möglich, weil
dazu die Verpackungen geöffnet werden müssten, um die Garantieerklärung des
Händlers beizufügen. Ein persönliches Aushändigen der jeweiligen Garantieerklärung
zu dem vom Verbraucher erworbenen Produkt führt jedoch insbesondere im stationären Handel zu einem großen Aufwand. Daher stellt sich die Frage, ob auch das für
den Verbraucher gut sichtbare Auslegen der Garantieerklärung, z.B. in Papierform,
ausreichend ist, um den Anforderungen des § 479 Abs. 2 BGB n.F. zu genügen.
Dafür spricht, dass das Zur-Verfügung-Stellen auch bei den Informationspflichten
nach Art. 246 EGBGB lediglich die Möglichkeit des Verbrauchers zur Kenntnisnahme
erfordert. Dementsprechend kann es eventuell auch ausreichen, wenn dem Verbraucher die Mitnahme des dauerhaften Datenträgers mit der Garantieerklärung ermöglicht wird, ohne diesen persönlich auszuhändigen. Dazu sollte doch sichergestellt
sein, dass der Verbraucher die Garantieerklärung auf den üblichen Kaufwegen leicht
auffinden kann und zumindest einmal die Möglichkeit zur Mitnahme der Garantieerklärung hat. Denkbare Auslagepunkte sind das Ausstellungsstück im Verkaufsraum,
der Beratungstresen und der Kassenbereich. Nicht ausreichend ist ein Ort im Ladengeschäft, den der Verbraucher typischerweise beim Kauf des jeweiligen Produktes
nicht passiert. Da zu dieser Frage bei der praktischenUmsetzung des § 479 Abs. 2
BGB n.F. noch keine Rechtsprechung vorliegt, ist dieses Vorgehen insgesamt jedoch
nicht risikolos zu praktizieren. Händler, die Abmahnungen und Unterlassungsklagen
aus diesem Grund sicher vermeiden möchten, sollten dem Verbraucher die Garantieerklärung auf einem dauerhaften Datenträger übergeben, z.B. ausgedruckt auf Papier.
§ 479 Abs. 3 BGB n.F. bestimmt außerdem, dass der Verbraucher bei einer Haltbarkeitsgarantie des Herstellers während der Garantiezeit immer mindestens einen Anspruch auf Nacherfüllung im gesetzlichen Umfang hat. Auch diese Regelung des Mindestinhalts für eine Herstellergarantie ist neu.
Die neue Warenkaufrichtlinie lässt ausdrücklich eine Verkürzung der Verjährungsfrist bei gebrauchten Waren auf ein Jahr zu. Der aktuelle Zustand der Europarechtswidrigkeit des § 476 Abs.2 BGB a.F. wird daher durch die neue Warenkaufrichtlinie ab dem 01.01.2022 beendet.
Jedoch werden die formellen Anforderungen an die Verkürzung der Gewährleistungs- bzw. Verjährungsfrist auf ein Jahr stark erhöht. Nach § 476 Abs. 2 S. 2 BGB
n.F. ist die Vereinbarung einer verkürzten Verjährungsfrist für gebrauchte Waren nur
unter den gleichen hohen Anforderungen wirksam wie eine Vereinbarung einer zum
Nachteil des Verbrauchers abweichenden Beschaffenheit der Kaufsache (s. o. unter
4.). Danach ist auch hierbei erforderlich, dass
Eine Verkürzung der Verjährungsfrist durch AGB ist daher künftig nicht mehr möglich!
Die gleichen hohen formellen Anforderungen gelten für eine Verkürzung des Verjährungszeitraums bei gebrauchten Waren mit digitalen Elementen.
