Praxiswissen
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Einstellung - Fragen bei der Einstellung

1. Welchem Sinn und Zweck dient ein Bewerbungsgespräch?

Im Rahmen eines Einstellungsgespräches will der Arbeitgeber möglichst umfassende Auskunft über die Person und die Leistungsfähigkeit des Bewerbers erhalten, andererseits soll nach der Rechtsprechung die Intim- und Privatsphäre eines Arbeitnehmers((GENDERNOTICE)) geschützt werden. Daher sind grundsätzlich nur solche Fragen zulässig, die für die Besetzung des Arbeitsplatzes von Bedeutung sind.

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2. Kann der Arbeitgeber zu rechtlichen Sanktionen greifen, wenn der Bewerber im Vorstellungstermin die Unwahrheit gesagt hat?

„Dies kommt drauf an“. Nach der Rechtsprechung ist hierbei zwischen zulässigen und unzulässigen Fragen zu unterscheiden. 

  • Bei zulässigen Fragen ist der Bewerber verpflichtet, diese wahrheitsgemäß zu beantworten. Ansonsten ist der Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung innerhalb eines Jahres nach Kenntniserlangung berechtigt, wenn diese Tatsache für die Einstellung des Bewerbers ursächlich war. Dies hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit Zugang der Anfechtungserklärung aufgelöst wird.

    Die Anfechtung des Arbeitsvertrages stellt gegenüber der daneben denkbaren Kündigung die einfachere Möglichkeit dar, das Arbeitsverhältnis zu beenden, zumal die Einhaltung von Kündigungsfristen im Fall der Anfechtung nicht erforderlich ist. 
  • Bei unzulässigen Fragen kann der Bewerber den Arbeitgeber „ungestraft anlügen“. Eine wahrheitswidrige Antwort auf eine unzulässige Frage hat für den Arbeitnehmer keine negativen rechtlichen Konsequenzen. Der Arbeitgeber ist in einem solchen Fall weder berechtigt, seine auf Abschluss des Arbeitsvertrages gerichtete Willenserklärung anzufechten, noch den Beschäftigten((GENDERNOTICE)) abzumahnen oder gar das Arbeitsverhältnis zu kündigen.

3. Zulässige und unzulässige Fragen

3.1. Fragen nach Alter, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Rasse oder ethnische Herkunft, sexuelle Identität

Diese Fragen sind unzulässig! 

Mit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sollte zudem zukünftig sehr genau darauf geachtet werden, dass der Arbeitgeber keine Indizien für eine Benachteiligung aus den oben genannten Gründen liefert. Ansonsten können nach dem AGG nicht unerhebliche Entschädigungsansprüche entstehen (Siehe auch Praxis-wissen „Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz“). 

Eine Frage nach der Staatsangehörigkeit kann auch ein Indiz für eine mittelbare Diskriminierung wegen der Rasse oder ethnischen Herkunft sein. Diese Fragen sollten zukünftig nicht mehr gestellt werden. Zulässig ist aber die Frage: „Stehen einer Beschäftigung in Deutschland Hindernisse entgegen?“ (z. B. Arbeitserlaubnis).

3.2. Fragen nach Gewerkschafts- oder Parteizugehörigkeit

Diese Fragen sind unzulässig!

3.3. Fragen nach dem Gesundheitszustand

Pauschale Fragen nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Bewerbers sind unzulässig! 

Zulässig sind Fragen allerdings dann, wenn sie auf den konkreten Arbeitsplatz zugeschnitten sind. Zulässig ist danach folgende Frage: 

Leiden Sie an einer chronischen oder organischen Krankheit oder bestehen sonstige körperliche oder geistige Beeinträchtigungen, durch die die Tauglichkeit für die vorgesehene Tätigkeit eingeschränkt ist?

3.4. Frage nach früherer Vergütung

Die Frage ist in der Regel unzulässig. 

Sie sollte nur dann gestellt werden, wenn die bisherige Vergütung für die begehrte Stelle aussagekräftig ist oder der Bewerber von sich aus eine Mindestvergütung gefordert hat.

3.5. Frage nach Vorstrafen

Die Frage nach Vorstrafen ist nur in beschränktem Maße zulässig. Der Arbeitgeber darf nach Vorstrafen nur fragen, wenn dies für die Art der zu besetzenden Tätigkeit von Bedeutung ist. Dies ist beispielsweise bei einer Frage nach Vermögensdelikten bei einer zu besetzenden Stelle als Kassiererin der Fall.

3.6. Frage nach Schwangerschaft

Die Frage nach der Schwangerschaft ist unzulässig. 

Auch besteht keine Offenbarungspflicht der Arbeitnehmerin, selbst dann nicht, wenn zum Zeitpunkt der Einstellung ein Beschäftigungsverbot besteht.

3.7. Frage nach Schwerbehinderung

Es ist umstritten, ob die Frage nach der Schwerbehinderung bei der Einstellung zulässig ist. Bisher wurde dies vom Bundesarbeitsgericht bejaht – allerdings in Entscheidungen älteren Datums. Zwischenzeitlich ist das AGG in Kraft getreten, so dass bezüglich einer eventuellen Diskriminierung Vorsicht geboten ist. Eine klare Antwort der Rechtsprechung fehlt derzeit noch. 

(Nach 6-monatiger Dauer des Arbeitsverhältnisses ist die Frage nach aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hingegen zulässig.) 

Weist ein Bewerber auf seine Schwerbehinderung hin, muss ihm der Arbeitgeber bei Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung die Gründe, die für die getroffene Entscheidung maßgeblich waren, unverzüglich mitteilen.

3.8. Fragen nach beruflichem Werdegang

Die Fragen nach dem bisherigen beruflichen Werdegang sind sachgerecht und dementsprechend auch zulässig.

4. Personaleinstellungsbogen

4.1. Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht?

In Betrieben mit Betriebsrat unterliegt die Einführung und jede Änderung von Fragebögen dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Dabei ist der Arbeitgeber nur in seiner Entscheidung darüber frei, ob er Fragebögen einführen oder sie wieder abschaffen will. Wenn jedoch Fragebögen im Betrieb verwendet werden sollen, so ist ihr Inhalt zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat abzustimmen. Im Streitfall entscheidet die Einigungsstelle.

4.2. Wie lange sollte ein Fragebogen aufbewahrt werden?

Die Aufbewahrung der Dokumentation des Bewerbungsgesprächs ist dringend anzuraten. Hier empfiehlt es sich, die Frist (2 Monate), innerhalb derer ein Entschädigungs- oder Schadensersatzanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend gemacht werden kann, anzuwenden. Sollte ein nicht berücksichtigter Bewerber innerhalb dieser Frist (Beginn ab Zugang des Ablehnungsschreibens) keine Ansprüche geltend gemacht haben, können die Unterlagen „entsorgt“ werden. Darüber hinaus ist – seitens des Bewerbers - eine weitere Frist von drei Monaten zur gerichtlichen Geltendmachung eines bereits vorher schriftlich geltend gemachten Anspruchs nach dem Arbeitsgerichtsgesetz zu beachten. Insgesamt kommen somit maximal fünf Monate in Betracht, die die Personalunterlagen gegebenenfalls aufbewahrt werden sollten.

4.3. Wo ist ein Muster erhältlich?

Ein Muster eines Personalfragebogens finden Sie im Internetauftritt des HBE unter www.hv-bayern.de

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Ihre Ansprechpartner in den HBE-Geschäftsstellen finden Sie unter www.hv-bayern.de

Ihre Ansprechpartner zu diesem Thema

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Claudia Lindemann
Syndikusrechtsanwältin
Themen: Recht, Arbeit & Soziales Arbeitsrecht Einstellung von Arbeitnehmern Bildung
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