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Berufsbildungsgesetz: Die wichtigsten Änderungen

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) bildet die Grundlage für das deutsche System der beruflichen Bildung und gibt die Rahmenbedingungen vor. Mit der Novellierung soll der Stellenwert der Berufsbildung gestärkt und an die aktuellen Anforderungen angepasst werden. Das neue Berufsbildungsgesetz ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten.

Bildung Ausbilden im Betrieb

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) bildet die Grundlage für das deutsche System der beruflichen Bildung und gibt die Rahmenbedingungen vor. Mit der Novellierung soll der Stellenwert der Berufsbildung gestärkt und an die aktuellen Anforderungen angepasst werden. Das neue Berufsbildungsgesetz ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten.

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1. Teilzeitberufsausbildung (§ 7a BBiG)

Die Möglichkeit eine Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren, wurde im Rahmen der Novellierung mit einer eigenen Norm im BBiG verankert. Die Teilzeitausbildung bietet somit eine Option für alle an einer betrieblichen Ausbildung Interessierten, da die bisherigen Voraussetzungen wie z.B. Pflege von Angehörigen((GENDERNOTICE)) oder Betreuung der Kinder entfallen.

Zu beachten: 

  • Die Verkürzung der täglichen bzw. wöchentlichen Ausbildungszeit muss im Ausbildungsvertrag vereinbart werden. 
  • Die tägliche bzw. wöchentliche Ausbildungszeit kann maximal um 50 Prozent verkürzt werden. Dies gilt jedoch nur für die betriebliche Ausbildungszeit. 
  • Die Beschulung erfolgt weiterhin in Vollzeit. Dies verkürzt die betriebliche Ausbildungszeit entsprechend. 
  • Bei einer max. Verkürzung um 50 Prozent, verlängert sich die Ausbildungsdauer entsprechend um maximal 50 Prozent. 
  • Es besteht die Möglichkeit, auch nur einen Teil der gesamten Ausbildungszeit in Teilzeit zu absolvieren. 
  • Die Teilzeitausbildung kann auf Antrag der Vertragsparteien insgesamt verkürzt werden. Die zuständigen Stellen entscheiden über den Antrag.

2. Bereitstellung von Fachliteratur (§ 14 BBiG)

Durch die Änderung des § 14 Abs. 1 BBiG zum 01.01.2020 müssen Ausbildungsbetriebe ihren Auszubildenden während der Ausbildung nunmehr auch Fachliteratur kostenlos zur Verfügung stellen. Bislang war diese Regelung auf Werkstoffe und Werkzeuge beschränkt. Es gilt hier noch eine Reihe offener Fragen zu klären, da die Fachliteratur einen erheblichen Kostenfaktor darstellen kann. 

Zu beachten: 

  • Die Fachliteratur muss für die Berufsausbildung bzw. zum Ablegen der Zwischen- und Abschlussprüfung erforderlich sein. 
  • Die Art und Form der Fachliteratur für die einzelnen Ausbildungsberufe ist nicht vorgegeben. 
  • Der Ausbildungsbetrieb entscheidet, ob die Fachliteratur in gedruckter oder digitaler Form zur Verfügung gestellt wird. 
  • Bei digitaler Fachliteratur ist zu beachten, dass nicht nur der Zugang bzw. die Nutzungsrechte während der betrieblichen Ausbildungszeit ermöglicht wird. Dabei ist nicht relevant mittels welcher technischen Möglichkeit dies erfolgt. Daneben sollte der Zugang zur digitalen Fachliteratur auch außerhalb der betrieblichen Ausbildungszeit z.B. durch Passwörter ermöglicht werden. Die Verfügungsstellung der Hardware ist aus Arbeitgebersicht aktuell nicht erforderlich. 
  • Es ist eine leihweise Bereitstellung möglich. 
  • Es ist keine Kostenbegrenzung vorgegeben. Eine pauschale Kostenübernahme erfüllt jedoch nicht die Anforderungen des BBiG. 
  • Der Ausbildungsbetrieb muss „nur“ Fachliteratur für die betriebliche Ausbildung zur Verfügung stellen. Fachliteratur, die von der Berufsschule vorgegeben wird, aber nicht für die betriebliche Ausbildung erforderlich ist, muss nicht bereitgestellt werden.

3. Freistellung an Berufsschultagen/-wochen (§ 15 BBiG)

Mit der Neufassung des BBiG wurden die Anrechnungsansprüche von Auszubildenden für den Besuch der Berufsschule grundlegend geändert (§ 15 BBiG). Durch die Übernahme der Freistellungsregelungen des § 10 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) in das BBiG gelten diese Regelungen seit 01.01.2020 nun auch für volljährige Auszubildende. Es findet hier keine Unterscheidung zwischen minderjährigen und volljährigen Auszubildenden statt.

Zu beachten: 

  • Alle Auszubildenden dürfen vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigt werden. 
  • Umfasst der Berufsschultag mehr als fünf Unterrichtsstunden mit je mindestens 45 Minuten muss der Auszubildende an diesem Tag nicht mehr in den Betrieb zurückkehren. Dies gilt jedoch nur an einem Berufsschultag pro Woche. Bei einem zweiten Berufsschultag darf der Auszubildende nach der Berufsschule im Betrieb beschäftigt werden. 
  • Umfasst die Berufsschulwoche einen planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen, darf der Auszubildende nicht mehr beschäftigt werden. 

Nähere Information und Berechnungsbeispiele enthält das HBE-Praxiswissen „Anrechnung von Berufsschulzeiten“.

4. Freistellung vor der schriftlichen Abschlussprüfung (§ 15 BBiG

Ausbildungsbetriebe müssen Auszubildende an dem Arbeitstag freistellen, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht. 

Zu beachten: 

  • Dauert die Abschlussprüfung mehrere Tage, die nicht unmittelbar aufeinanderfolgen, kann der Auszubildende eine Freistellung an jedem Arbeitstag verlangen, der unmittelbar vor einem Prüfungstag liegt. 
  • Dies gilt auch bei gestreckten Abschlussprüfungen bzw. Wiederholungsprüfungen.

5. Mindestausbildungsvergütung (§ 17 BBiG)

Bereits vor der BBiG-Novellierung musste nach § 17 BBiG eine angemessene Ausbildungsvergütung gezahlt werden. Mit der Novellierung wurden Mindestvergütungssätze eingeführt, unterhalb derer eine Ausbildungsvergütung generell nicht als angemessen gilt. 

Zu beachten: 

  • Von der Neuregelung ausgenommen sind Ausbildungsverhältnisse, die vor dem 31.12.2019 geschlossen wurden. Die Höhe der Vergütung steigert sich jährlich nach gesetzlich festgelegten Sätzen. Von der Mindestausbildungsvergütung ausgenommen sind tarifvertragliche Regelungen. 
  • Für den Einzelhandel in Bayern hat die Mindestausbildungsvergütung keine Bedeutung, da die tarifliche Ausbildungsvergütung deutlich über der aktuellen Mindestausbildungsvergütung liegt. Wenn keine Tarifgebundenheit existiert, dürfen die tariflichen Ausbildungsvergütungen maximal um 20 Prozent reduziert werden. 

Nähere Informationen enthält das Praxiswissen „Leistungsansprüche in der Ausbildung“.

6. Freistellung von ehrenamtlichen Prüfern (§ 40 BBiG)

Einen Freistellungsanspruch als auch einen Anspruch auf Lohnfortzahlung für ehrenamtliche Prüfer/-innen wurde bisher aus §616 BGB abgeleitet. Mit der Novellierung wurde ein Freistellunganspruch durch den neuen § 40 Abs. 6a BBiG geschaffen.

Zu beachten: 

  • Die Freistellung der Prüfer/-innen hat zu erfolgen, wenn es zur ordnungsgemäßen Durchführung der ihnen durch das Gesetz zugewiesenen Aufgaben erforderlich ist und keine wichtigen betrieblichen Gründe dem entgegenstehen. 
  • Nicht eindeutig geklärt wurde im Gesetzgebungsverfahren ein Anspruch auf Lohnfortzahlung. Ob die Rechtsprechung ehrenamtlichen Prüfern/-innen weiterhin einen Lohnfortzahlungsanspruch aus § 616 BGB zusprechen, oder ausschließlich auf den neuen § 40 Abs. 6a BBiG zurückgreifen wird, ist abzuwarten.

7. Führen der neuen Abschlussbezeichnungen der beruflichen Fortbildung (§ 53 BBiG)

Im Bereich der Fortbildung wurden mit der Novellierung drei Fortbildungsstufen mit den jeweiligen Bezeichnungen Berufsspezialist/-in, Bachelor Professional und Master Professional eingeführt.

Zu beachten: 

  • Die neuen Bezeichnungen darf führen, wer die Prüfung einer Fortbildung erfolgreich bestanden hat, die entweder der ersten, der zweiten oder der dritten Fortbildungsstufe zugeordnet ist. 
  • Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die entsprechenden Fortbildungsverordnungen ebenfalls novelliert werden. Das BBiG sah bisher keine entsprechenden Fortbildungsstufen vor. Die Überarbeitung der Verordnungen soll in einem nächsten Schritt erfolgen. 

((Quelle: Fragen und Antworten zum neuen Berufsbildungsgesetz (BBiG), hrsg. vom BDA (Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände))

Ihre Ansprechpartner zu diesem Thema

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Simone Streller
Geschäftsführerin
Themen: Bildung Ausbilden im Betrieb
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