Der (auch kurzfristige) Ausfall von Arbeitnehmern, saisonale oder betriebliche Umsatzschwankungen, es gibt viele Gründe, darüber nachzudenken, mit Arbeitnehmern einen (lediglich) befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Ob dies zulässig ist und in welchen Grenzen, darüber soll Sie dieses HBE-Praxiswissen informieren.
Recht, Arbeit & Soziales Arbeitsrecht Besondere Vertragsgestaltungen und Personengruppen
Vorbemerkung
Der (auch kurzfristige) Ausfall von Arbeitnehmern((GENDERNOTICE)), saisonale oder betriebliche Umsatzschwankungen, es gibt viele Gründe, darüber nachzudenken, mit Arbeitnehmern einen (lediglich) befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Ob dies zulässig ist und in welchen Grenzen, darüber soll Sie dieses HBE-Praxiswissen informieren.
Die tarifvertraglichen Vorschriften gelangen nur zur Anwendung, wenn
- ihre Geltung einzelvertraglich vereinbart wurde oder
- der Arbeitnehmer Mitglied der Gewerkschaft ist und keine Erklärung des Arbeitgebers über den „Ausschluss der Tarifbindung“ abgegeben wurde (vgl. im einzelnen HBE-Praxiswissen „Tarifbindung“). Unter Umständen können bei Abgabe einer derartigen Erklärung die „alten“ Tarifverträge noch für einen erheblichen Nachwirkungszeitraum Geltung beanspruchen.
Kommen die Tarifverträge nicht zur Anwendung, gelten lediglich die gesetzlichen Vorschriften.
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1. Es gilt der Grundsatz: Zeitverträge sind zulässig
Aber, kein Grundsatz ohne Ausnahme: Durch sie darf der Zweck des Kündigungsschutzrechts nicht vereitelt, d. h. umgangen werden. Die Verträge müssen daher in der Regel „ihre sachliche Rechtfertigung in sich tragen, so dass sie mit Recht und aus gutem Grund von den Kündigungsschutzvorschriften nicht betroffen werden" (BAG AP Nr. 16 zu § 620 BGB "Befristeter Arbeitsvertrag“).
Es ist daher bei befristeten Verträgen danach zu unterscheiden, ob sie
- mit sachlich rechtfertigendem Grund (siehe unten 2.), oder
- ohne sachlich rechtfertigenden Grund (siehe unten 3.)
abgeschlossen werden; denn diesbezüglich bestehen erhebliche Unterschiede.
2. ... mit sachlich rechtfertigendem Grund
- Im Teilzeit- und Befristungsgesetz wird in beispielhafter, nicht abschließender Aufzählung sachlich rechtfertigender Gründe für eine Befristung insbesondere folgendes genannt:
- der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung besteht nur vorübergehend,
- die Befristung ist im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
- der Arbeitnehmer wird zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt,
- die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt die Befristung,
- die Befristung erfolgt zur Probe,
- in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe rechtfertigen die Befristung,
- der Arbeitnehmer wird aus Haushaltsmitteln vergütet, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, weshalb er entsprechend beschäftigt wird, oder
- die Befristung beruht auf einem gerichtlichen Vergleich.
- Darüber hinaus sind auch in anderen Gesetzen Gründe für eine zulässige Befristung genannt, z. B. § 21 BEEG (Vertretungsfälle bei Mutterschaft u. a.):
Eine Befristung ist danach zulässig, sofern sie zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers zu Zeiten eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz (in der Regel 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Entbindung), der Inanspruchnahme der Elternzeit (maximal 3 Jahre) oder für Zeiten der Pflege eines erkrankten Kindes/Ehepartners/ Elternteils nach § 13 Ziffer 5 MTV erfolgt. Die Vertretung kann für mehrere Zeiten zusammen (beispielsweise: Mutterschutzfristen und Elternzeit) oder nur für Teile davon (beispielsweise 3 Wochen der sechswöchigen Mutterschutzfrist vor der Entbindung; oder: 2,5 Jahre der maximal dreijährigen Elternzeit) erfolgen.
Wichtig: Grund und Ende der Befristung müssen auf jeden Fall im schriftlichen Arbeitsvertrag festgehalten werden. - Auch der Manteltarifvertrag im bayerischen Einzelhandel kennt einige Befristungsgründe:
§ 3 MTV (Probezeit):
Der MTV lässt die Befristung zum Zwecke einer Probezeit zu. Diese darf maximal drei Monate andauern. Eine Verlängerung über drei Monate hinaus ist unzulässig; sie führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis zur Probe in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit übergeht.
§ 4 MTV (Aushilfen):
Auch zum Zwecke der Beschäftigung als Aushilfe ist eine auf maximal drei Monate ununterbrochene befristete Beschäftigung zulässig (beispielsweise bei vorübergehendem Mehrbedarf an Arbeitskräften). In Ausnahmefällen kann die Beschäftigung auch länger dauern (unbedingt HBE fragen!). Bei Überschreiten der maximal zulässigen Befristungsdauer geht das Aushilfsverhältnis in ein Arbeitsverhältnis auf unbefristete Zeit über.
Wichtig: Grund und (voraussichtliche) Dauer der Aushilfstätigkeit müssen im schriftlichen Vertrag unbedingt festgehalten werden.
§ 13 Ziffer 5 MTV (Pflege erkranktes Kind u. a.): Siehe oben unter 2. b) (§ 21 BEEG). - Schließlich sind auch von der Rechtsprechung z. B. folgende Fälle als sachlich rechtfertigende Gründe für einen befristeten Vertrag anerkannt:
- Befristung auf eigenen Wunsch des Arbeitnehmers aus in seiner Person liegenden Gründen (beispielsweise: Beschäftigung bis zur Heirat, BAG AP Nr. 91 zu § 620 befristeter Arbeitsvertrag).
- Vertretung für erkrankte oder beurlaubte Arbeitnehmer (Wichtig: Keine Dauervertretung).
3. ... ohne sachlich rechtfertigenden Grund
- Befristete Verträge sind ohne sachlich rechtfertigenden Grund nur in den engen Grenzen des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) zulässig. Diesbezüglich ist folgendes zu beachten:
Nach diesem Gesetz ist eine Befristung bis zu maximal 24 Monaten (bei Existenzgründern in den ersten vier Jahren seit dem Zeitpunkt der Gründung sogar bis zu 48 Monate) ohne Vorliegen eines sachlich rechtfertigenden Grundes zulässig. Dabei ist auch eine allerdings höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren zulässig.
Ein befristeter Vertrag ist allerdings nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Dies wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 06.06.2018 (Az. 1 BvR 1375/4 und 1 BvL 7/14) bestätigt, nachdem das Bundesarbeitsgericht im Vorfeld das Vorbeschäftigungsverbot zunächst auf drei Jahre eingeschränkt hatte. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Vorbeschäftigung nur dann zulässig, wenn diese ganz anders geartet, sehr lange zurückliegend oder von sehr kurzer Dauer war (z. B. Praktikantentätigkeit während des Studiums und deutlich spätere Einstellung als Ingenieur). Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses von 22 Jahren ausreichend (Urteil vom 21.08.2019, 7 AZR 452/17). Eine achtjährige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses wurde dagegen für eine erneute sachgrundlose Befristung nicht als ausreichend erachtet.
Achtung: Werden bei einer Verlängerung die Arbeitsbedingungen, wie beispielsweise die Stundenanzahl oder das Gehalt, und nicht nur die Vertragsdauer geändert, handelt es sich um den Neuabschluss eines befristeten Vertrages, dessen Befristung wegen des bereits vorher bestehenden Arbeitsverhältnisses unzulässig ist (BAG, Urteil vom 16.01.2008, 7 AZR 603/06).
Des Weiteren ist in den ersten vier Jahren nach Gründung eines Unternehmens die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne sachlich rechtfertigenden Grund bis zu einer Dauer von vier Jahren zulässig. Im Rahmen dieser Gesamtdauer von vier Jahren kann der Vertrag mehrfach verlängert werden. Bei Gründung eines Unternehmens bei Existenzgründern ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen.
Eine Neugründung in diesem Sinne liegt nicht vor bei einer rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen
Gemäß § 14 Abs. 3 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von 5 Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar davor mindestens 4 Monate beschäftigungslos gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem SGB II bzw. SGB III teilgenommen hat. Bis zu einer Gesamtdauer von 5 Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig. - Auch dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, also
- wenn der Arbeitnehmer ab 01.01.2004 in einem Betrieb/Unternehmen mit maximal 10,0 Mitarbeitern im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes beschäftigt wird (für Arbeitnehmer, die bis zum 31.12.2003 eingestellt wurden, verbleibt es unter bestimmter Voraussetzungen beim Schwellenwert von 5,0 Arbeitnehmern), oder
- wenn der Mitarbeiter nicht mehr als sechs Monate beschäftigt werden soll, sind die jeweiligen Voraussetzungen für befristete Verträge zu beachten. In diesen Fällen kann deshalb eine befristete Beschäftigung, wenn der Bewerber bereits einmal beim Arbeitgeber beschäftigt war (siehe oben 2a), nur mit sachlichem Grund erfolgen. Alternativ besteht in diesen Fällen die Möglichkeit, einen unbefristeten Arbeitsvertrag abzuschließen und diesen (vor Geltung des Kündigungsschutzgesetzes) zu kündigen.
4. Begründung und Beendigung befristeter Verträge
4.1. Begründung des befristeten Vertrags immer schriftlich
Die Befristung muss zwingend vor Arbeitsantritt schriftlich erfolgen. Wird die Schriftform nicht eingehalten, ist die Befristung nicht zulässig mit der Folge, dass der befristete Arbeitsvertrag mit dem vereinbarten Ende als auf unbefristete Zeit abgeschlossen gilt.
4.2. Beendigung
Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet automatisch mit Ablauf der vereinbarten Zeit. Dies hat gleichzeitig zur Folge, dass während der Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrages eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, sofern sie nicht ausdrücklich vereinbart wird. Deshalb sollte unbedingt darauf geachtet werden, in jedem Vertragsformular über einen befristeten Vertrag eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit zu vereinbaren. Ist die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.
Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet grundsätzlich mit Erreichen des Zweckes; zusätzlich schreibt das Gesetz vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diesen Zeitpunkt mindestens zwei Wochen vorher schriftlich mitgeteilt haben muss. Wird dem Arbeitnehmer der Zeitpunkt des Erreichens des Zweckes erst später mitgeteilt, so endet das Arbeitsverhältnis zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Mitteilung.
Eine ordentliche Kündigung des befristeten Vertrages ist (siehe oben) nur möglich, wenn dies gesondert vereinbart wird.
Eine außerordentliche Kündigung des Vertrages ist auch ohne besondere Vereinbarung stets zulässig, sofern die Voraussetzungen des § 626 BGB vorliegen.
5. Was ist sonst noch zu beachten?
5.1. Befristeter Vertrag ohne oder mit sachlich rechtfertigendem Grund
Beim Abschluss eines befristeten Vertrages muss stets bedacht werden, dass ein befristeter Arbeitsvertrag ohne sachlich rechtfertigenden Grund nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz nicht mehr möglich ist, wenn der Arbeitnehmer bereits einmal im Unternehmen beschäftigt war (s. S. 4). Deshalb sollte der Arbeitnehmer im Einstellungsgespräch insbesondere danach befragt werden, ob er bereits einmal im Unternehmen oder einem eventuellen Rechtsvorgänger, sei es auch nur kurzzeitig, beschäftigt war. Sollte der Arbeitnehmer falsche Angaben machen, wäre der Arbeitgeber berechtigt, unter Umständen den befristet abgeschlossenen Arbeitsvertrag anzufechten.
Befristete Verträge mit sachlich rechtfertigendem Grund können auch mehrmals abgeschlossen werden. Jedoch ist zu beachten, dass ein befristeter Vertrag ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam sein kann, wenn er über eine lange Gesamtdauer oder in hoher Anzahl aufeinanderfolgender Verträge mit demselben Arbeitgeber (z.B. BAG, Urteil vom 26.10.2016, 7 AZR 135/15) immer wieder befristet wurde.
5.2. Sachlich rechtfertigenden Grund festhalten
Es ist dringend anzuraten, im schriftlichen Vertrag den sachlich rechtfertigenden Grund für die Befristung nicht lediglich schlagwortartig aufzunehmen, sondern näher zu umschreiben bzw. zu spezifizieren.
5.3. HBE-Formularverträge nutzen
Der HBE stellt seinen Mitgliedern kostenlos Formularverträge für befristete Verträge nach dem TzBfG sowohl mit als auch ohne Tarifbindung zur Verfügung. Diese sind auch über das Internet abrufbar. Folgende Verträge sind zu unterscheiden:
- Arbeitsverträge mit Tarifbindung
- mit sachlich rechtfertigendem Grund
- ohne sachlich rechtfertigendem Grund
- Arbeitsverträge ohne Tarifbindung
- mit sachlich rechtfertigendem Grund
- ohne sachlich rechtfertigendem Grund
- Arbeitsverträge für geringfügige Beschäftigte mit Tarifbindung
- mit sachlich rechtfertigendem Grund
- ohne sachlich rechtfertigendem Grund
- Arbeitsverträge für geringfügige Beschäftigte ohne Tarifbindung
- mit sachlich rechtfertigendem Grund
- ohne sachlich rechtfertigendem Grund
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Ihre Ansprechpartner in den HBE-Geschäftsstellen finden Sie unter www.hv-bayern.de.
Themen: Recht, Arbeit & Soziales Arbeitsrecht Besondere Vertragsgestaltungen und Personengruppen