Die in diesem Praxiswissen zusammengestellten Hinweise sollen einen Überblick über praktische und rechtliche Fragen des Arbeitskampfes geben. Jeder Betrieb muss bereits vor der Zuspitzung der Verhandlungssituation wissen, mit welchen personellen, rechtlichen und technischen Schwierigkeiten er zu rechnen hat und wie er diese überwinden kann.
Die in diesem Praxiswissen zusammengestellten Hinweise sollen einen Überblick über praktische und rechtliche Fragen des Arbeitskampfes geben.
Jeder Betrieb muss bereits vor der Zuspitzung der Verhandlungssituation wissen, mit welchen personellen, rechtlichen und technischen Schwierigkeiten er zu rechnen hat und wie er diese überwinden kann.
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Steht der Streik unmittelbar bevor, sollten die internen Vorbereitungen auf den Arbeitskampf bereits abgeschlossen sein. Es wird deshalb empfohlen, die Vorbereitungen so frühzeitig wie möglich zu betreiben.
Ihr zuständiger Arbeitgeberverband sollte laufend über den Stand der gewerkschaftlichen Streikvorbereitungen unterrichtet werden. Vor und bei Ausbruch des Arbeitskampfes sollte sofort eine Benachrichtigung an den Verband erfolgen (vgl. Teil 2, I).
Bereits vor Eintritt der konkreten Streiksituation sollte auch ein Krisenstab gebildet werden, welcher die notwendigen organisatorischen Maßnahmen vorbereitet und während des Arbeitskampfes ausführt.
Die besonderen Aufgaben, die bei einem Arbeitskampf auf den Krisenstab zukommen können, müssen unter den verantwortlichen Personen schriftlich eindeutig aufgeteilt werden.
Jeder Verantwortliche((GENDERNOTICE)) sollte einen Stellvertreter haben. Es sollte auch festgelegt werden, welche Personen den jeweiligen Verantwortlichen des Krisenstabes zur Seite stehen und welche konkreten Aufgaben von diesen wahrzunehmen sind. Zumindest sollte der Krisenstab aus drei Personen bestehen:
Ein Notdienst muss in technischer, organisatorischer und personeller Hinsicht detailliert geplant und festgelegt sein.
Unter Notdienstarbeiten sind Arbeiten zu verstehen, die für die Erhaltung und Sicherung des Betriebes sowie der sächlichen Betriebsmittel unerlässlich sind.
Hierzu zählen insbesondere Arbeiten, die der Überwachung und dem Schutz der Betriebsanlagen dienen, wie z. B.
Hiervon abzugrenzen sind jedoch Arbeiten, die lediglich dazu dienen, den normalen Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten.
In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der Arbeitgeber allein, im Zusammenwirken mit der Gewerkschaft oder die streikführende Gewerkschaft selbst die Auswahl der zum Notdienst heranzuziehenden Arbeitnehmer zu treffen hat.
Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage in seinen Entscheidungen vom 31.01.1995 und vom 21.03.1996 letztlich unbeantwortet gelassen. In der Entscheidung vom 31.01.1995 weist das Bundesarbeitsgericht allerdings darauf hin, dass es die Aufgabe der Arbeitskampfparteien sei, sich um eine Regelung des Notdienstes zu bemühen.
Letztlich ist aber davon auszugehen, dass für die Einrichtung und Bestimmung des Notdienstes allein der Arbeitgeber zuständig ist. Das gilt zumindest für die für die Sicherung und Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebes unerlässlichen Arbeiten.
Daher empfiehlt es sich, einen Notarbeitenkatalog auszuarbeiten und eine Verständigung hierüber mit der streikführenden Gewerkschaft zu suchen. Kann eine Regelung mit den Gewerkschaften nicht getroffen werden, so sollte der erarbeitete Notarbeitenkatalog vorläufig in Vollzug gesetzt werden. Hierüber sind die zum Notdienst bestellten Arbeitnehmer zu informieren und mit entsprechenden Ausweisen zu versehen.
Zur Duldung der für die Sicherung und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebes unerlässlichen Arbeiten ist die Gewerkschaft auch ohne entsprechende Vereinbarungen verpflichtet.
Es empfiehlt sich, die Notdienstarbeiten grundsätzlich von den Arbeitnehmern ausführen zu lassen, die auch sonst die unter den Notdienst fallenden Aufgaben erfüllen.
Die bestellten Arbeitnehmer sind arbeitsvertraglich zur Leistung des Notdienstes verpflichtet. Inwieweit Arbeitnehmer auch zu Arbeiten verpflichtet sind, die sonst nicht zu ihren Aufgaben gehören, richtet sich nach der Zumutbarkeit. Über ihre Rechte und Pflichten sollten die Angehörigen des Notdienstes genau unterrichtet werden.
Nach überwiegender Ansicht ist der Arbeitgeber berechtigt, sich bei den Arbeitnehmern über die voraussichtliche Streikbeteiligung zu informieren, um die notwendigen Maßnahmen durchführen zu können.
Eine lückenlose Dokumentation über den Ablauf des Streiks, Streikausschreitungen, Schadensfälle und ähnliches ist im Hinblick auf etwaige Schadensersatzprozesse und Strafverfahren dringend erforderlich. Die entsprechenden Vorbereitungen sind deshalb rechtzeitig zu treffen. Es ist sicherzustellen, dass alle wichtigen Vorfälle in Form eines Streiktagebuches festgehalten werden und insbesondere bei Streikausschreitungen, Sachbeschädigungen und dergleichen die Geschehnisse mit Datum und Uhrzeit aufgezeichnet und die erforderlichen Beweismittel gesichert werden. Hierzu gehört auch, dass Zeugen ermittelt und deren Personalien festgehalten werden.
Bei einem Streik sind folgende Meldungen erforderlich:
Die Kundeninformation über Anlass der Streiks und die Haltung der Geschäftsleitung zu den Arbeitsniederlegungen ist von besonderer Bedeutung, um einen längerfristigen Vertrauensschwund bei der Kundschaft zu verhindern. In Betracht kommen Presseerklärungen, Inserate und Verteilung von Informationszetteln. Soweit noch nicht erfolgt, empfiehlt sich besonders:
Die Liefer- und Abnahmebedingungen sollten von Zeit zu Zeit daraufhin überprüft werden, ob sie vorsorglich Haftungsausschlussklauseln für den Fall eines Arbeitskampfes erhalten. Bei Neuabschluss langfristiger Verträge empfiehlt es sich, auf die Vereinbarung derartiger Klauseln zu drängen (vgl. Teil 2, VI).
Unter diesen Voraussetzungen ist ein Streik aber nicht allein deshalb rechtswidrig, weil gegenüber einem verbandsangehörigen Arbeitgeber ein Firmentarifvertrag erzwungen werden soll.
Der Arbeitskampf muss also nach dem ultima-ratio-Grundsatz das letzte mögliche Mittel sein, um die tariflich regelbaren Ziele durchzusetzen. Ob die Verhandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, entscheidet nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts jede Tarifpartei für sich. Erforderlich ist nur, dass zuvor Forderungen für den Inhalt des abzuschließenden Tarifvertrages erhoben und dass in der Regel über diese Forderungen Verhandlungen geführt worden sind. Einer förmlichen Erklärung des Scheiterns bedarf es nicht. Vielmehr reicht eine schlüssige Scheiternserklärung aus, welche bereits in der Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen liegen soll.
Arbeitsniederlegungen, die schlüssig das Scheitern der Tarifvertragsverhandlungen zum Ausdruck bringen, können beispielsweise wie folgt aussehen:
Der Arbeitgeber sollte in Zweifelsfragen, ob die Gewerkschaft die Tarifverhandlungen für gescheitert erklärt hat, unbedingt eine Auskunft bei der Gewerkschaft einholen. Besonders wichtig ist, dass vor bzw. spätestens bei der Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen der zuständige Verband informiert und eingeschaltet ist.
Die Aussperrung unterliegt als Arbeitskampfmaßnahme den allgemeinen Regeln des Arbeitskampfrechtes. Wird unternehmensseitig eine Aussperrung in Betracht gezogen, so müssen die nachbenannten Punkte beachtet werden:
Die Zulässigkeit der Verteilung von gewerkschaftlichen Massenflugblättern im Betrieb richtet sich grundsätzlich nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über das den Gewerkschaften zuerkannte Recht, im Betrieb Werbe- und Informationsmaterial zu verteilen.
Danach darf die Verteilung nur von gewerkschaftsangehörigen Belegschaftsmitgliedern und nur außerhalb der Arbeitszeiten (z. B. vor und nach der Arbeitszeit sowie während der Pausen) erfolgen.
Es gibt kein allgemeines Zutrittsrecht für externe Gewerkschaftsbeauftragte mit dem Ziel der Werbung und Information organisierter Belegschaftsmitglieder im Betrieb. Ihnen kann das Betreten des Betriebsgeländes zur Organisation von Streikmaßnahmen (Verteilen von Streikaufrufen, Belegschaftsansprache) untersagt werden.
Die Verteilung von Informationen und Werbung darf nicht durch den Betriebsrat als solchen erfolgen. Einzelnen Betriebsratsmitgliedern ist es jedoch in ihrer Eigenschaft als Gewerkschaftsmitglieder gestattet, auch im Betrieb gewerkschaftliche Informationsarbeit zu leisten. Der bisher vom Bundesarbeitsgericht vertretenen Ansicht , wonach das Verteilen von Flugblättern, die Sammlung von Unterschriften, das Anheften von Plakaten und vergleichbare Aktionen sich nur dann als zulässig darstellen, wenn sie „unerlässlich“ für die Gewerkschaftswerbung sind, ist dem das Bundesverfassungsgericht in einer jüngeren Entscheidung entgegengetreten.
Jedoch entschied das BAG in seiner Entscheidung vom 15.10.2013, Az. 1 ABR 31/12, dass ein Arbeitnehmer nicht berechtigt ist, einen vom Arbeitgeber für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestellten Emailaccount für die betriebsinterne Verbreitung eines Streikaufrufs seiner Gewerkschaft an die Belegschaft zu nutzen.
Bei gewerkschaftlicher Informationsarbeit wird zukünftig in jedem Fall eine Interessensabwägung verlangt, wenn die Zulässigkeit von Gewerkschaftswerbung infrage steht. Im Ergebnis führt diese Rechtsprechung dazu, dass der Arbeitgeber entsprechende Aktionen nur noch dann wird unterbinden dürfen, wenn hierdurch erhebliche Störungen im Betriebsablauf auftreten (s. Urteil des BAG vom 28.02.2006, Az. 1 AZR 179/09). Das Anbringen von Plakaten, soweit hierin nicht das Maß der sachlichen Kritik überschritten wird, muss allerdings nur auf Flächen gestattet werden (z. B. Schwarzes Brett), die der Arbeitgeber zur Verfügung stellt. Ein wildes Plakatieren durch die Gewerkschaften ist nicht gestattet. Nicht zulässig ist es, den innerbetrieblichen Verteilungsapparat, z. B. Postfächer oder das Intranet, ohne Genehmigung des Arbeitgebers für gewerkschaftliche Werbung jeder Art und für Fragebogenaktionen in Anspruch zu nehmen.
Der Aushang von Plakaten mit Streikaufrufen im Betrieb braucht nicht geduldet zu werden. Sie können entfernt werden. Zwar verlangen einzelne Gerichte, dass der Arbeitgeber im Rechtsweg vorgehen muss, doch kann das zumindest dann nicht gelten, wenn sich der Anbringende nicht ermitteln lässt.
Wenn Streikposten arbeitswilligen Arbeitnehmern, Lieferanten, Kunden durch aktives Verhalten den Zutritt zum Betriebsgelände verwehren (Betriebsblockaden), so erfüllt dieses Verhalten den Tatbestand einer strafbaren Nötigung gemäß § 240 StGB. Wird insoweit ein arbeitswilliger Arbeitnehmer auch am Verlassen des Betriebes gehindert, so liegt überdies der Tatbestand der Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB vor.
Zutrittswilligen muss ein wenigstens drei Meter breiter, sowohl auf dem Erdboden als auch im Luftraum darüber freier und von Kontrollen, gleich welcher Art, nicht gestörter Zu- oder Abgang verbleiben (Zufahrt eines LKWs muss möglich sein).
Eine Nötigung liegt insoweit bereits auch schon dann vor, wenn
Obschon kein Anspruch auf behördliches Einschreiten der Polizei besteht, sollte in jedem Fall die Polizei benachrichtigt und zu einem Einschreiten bewegt werden. Zu den sich aus rechtswidrigen Handlungen ergebenden Schadensersatzansprüchen vgl. Teil 2 IX).
Reine Sitzblockaden ohne weiteres aktives Verhalten der Blockierer erfüllen nicht den Straftatbestand der Nötigung.
Betriebsbesetzungen sind grundsätzlich unzulässig. Der Arbeitsvertrag als solcher gibt grundsätzlich keine Befugnis zum Verweilen am Arbeitsplatz nach erfolgter Arbeitsniederlegung. Widersetzt sich ein Arbeitnehmer der Aufforderung zum Verlassen der Betriebsstätte, so ist der Tatbestand des Hausfriedensbruches gemäß § 123 StGB erfüllt. Die Gewerkschaft sowie der zuständige Streikleiter haften gesamtschuldnerisch für den durch die rechtswidrige Betriebsbesetzung ursächlich entstandenen Schaden. Der Arbeitgeber hat diesen Schaden im Einzelnen darzulegen und zu beweisen.
Im Jahre 2007 hat die Gewerkschaft ver.di erstmals mit so genannten „Flashmob-Aktionen“ versucht, in den Arbeitskampf einzugreifen. Der Begriff Flashmob-Aktion bezeichnet einen kurzzeitigen, scheinbar spontanen Menschenauflauf, bei dem sich die Teilnehmer üblicherweise persönlich nicht kennen. Solche Treffen werden über Mobiltelefon (z. B. SMS) organisiert. Die Teilnehmer treffen sich an einem vereinbarten Ort zur vereinbarten Zeit, um dort der bezweckten Kampfmaßnahme nachzugehen.
Mit Urteil vom 22.09.2009, 1 AZR 9720/08 hat das Bundesarbeitsgericht streikbegleitende „Flashmob-Aktionen“ für nicht generell unzulässig erklärt. Allerdings würde es sich um einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Arbeitgebers handeln. Ein solcher Eingriff könne aus Gründen des Arbeitskampfes gerechtfertigt sein. Gewerkschaftliche Maßnahmen, die zur Durchsetzung tariflicher Ziele auf eine Störung betrieblicher Abläufe gerichtet seien, würden der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften unterfallen. Zu dieser gehöre auch die Wahl der Arbeitskampfmittel. Deren Zulässigkeit richte sich jedoch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Arbeitskampfmittel sind rechtswidrig, wenn sie zur Durchsetzung der erhobenen Forderungen offensichtlich ungeeignet oder nicht erforderlich oder wenn sie unangemessen sind. Für die Beurteilung der Angemessenheit einer gewerkschaftlichen Arbeitskampfmaßnahme ist von wesentlicher Bedeutung, ob für die Arbeitgeberseite Verteidigungsmöglichkeiten bestehen würden.
Das BAG kommt zu der nach diesseitiger Auffassung unzutreffenden Beurteilung, dass der Arbeitgeber sich durch Ausübung seines Hausrechtes oder kurzfristige Betriebsschließung zur Wehr setzen könne. Hierbei lässt das BAG allerdings außer Betracht, dass Umsätze im Einzelhandel nicht nachgeholt werden können. Ein Letztverbraucher, der auf eine geschlossene Filiale trifft, wird seinen täglichen Bedarf beim Mitbewerber decken. Gegen die Entscheidung des BAG wurde Verfassungsbeschwerde erhoben. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Entscheidung jedoch im Grundsatz bestätigt.
Flashmob-Aktionen sollten nicht geduldet werden. Erfahrungsgemäß nimmt die Gewerkschaft von weiteren Aktionen Abstand, wenn Sie Widerstand des betroffenen Unternehmens feststellt. Um mit Aussicht auf Erfolg gerichtlich gegen die Aktionen vorgehen zu können, müssen Beweismittel gesichert werden. Hierzu können Foto oder Filmaufnahmen angefertigt werden. Mit Hilfe von Detektiven ist es möglich, die Personalien der Beteiligten festzustellen, sobald es zu Straftaten kommt. In diesem Fall sollte auch unverzüglich die Polizei mit Hinweis auf die vorgefallene Straftat informiert und Anzeige erstattet werden. Die Polizei kann dann helfen, die Personalien der Täter zu erfassen. In jedem Fall sollten der Arbeitgeberverband sofort über Art und Umfang von Flashmob-Aktionen informiert werden.
Aufgrund seines Hausrechts braucht der Arbeitgeber in seinem Betrieb und auf dem gesamten Betriebsgelände keinerlei Streikpropaganda zu dulden (hier ist im Einzelfall zur gewerkschaftlichen Werbung abzugrenzen). Der Arbeitgeber ist berechtigt, insbesondere jeden Plakatanschlag, jede Streikversammlung im Betrieb und auch die Durchführung der Urabstimmung im Betrieb zu untersagen. Er kann den Streikenden, insbesondere den Streikposten, jegliches Betreten des Betriebes und des gesamten Betriebsgeländes verbieten.
Das Hausrecht des Arbeitgebers in seinem Betrieb und auf seinem gesamten Betriebsgelände ist lediglich durch die betriebsverfassungsrechtlichen Funktionen des Betriebsrates in wenigen Teilbereichen eingeschränkt. So steht z. B. in den Betriebsversammlungen, die gemäß § 42 ff. BetrVG abgehalten werden, dem Betriebsratsvorsitzenden das Hausrecht zu.
Die Gewährung einer echten „Streikbruchprämie“ während des Arbeitskampfes ist ein grundsätzlich zulässiges Arbeitskampfmittel. Dabei nimmt der Arbeitgeber Einfluss auf das Arbeitskampfgeschehen, um dessen Folgen für ihn zu mindern.
Für den Arbeitgeber zu beachten, fordert das Bundesarbeitsgericht aber einschränkend, dass erstens die Prämienzahlung unterschiedslos allen Arbeitnehmern anzubieten und weiter, dass die Prämienzahlung am allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen sei. In dem zu entscheidenden Einzelfall sah das Bundesarbeitsgericht eine Prämienzahlung von 25,00 € pro Arbeitstag zumindest dann nicht als unverhältnismäßig an, wenn der Betrieb nur zwei Tage bestreikt wird.
Streng von den so genannten Streikbruchprämien sind die Prämien zu unterscheiden, die gewährt werden, um eine erhebliche Mehrbelastung auszugleichen. Die Gewährung einer nach Beendigung des Streiks gezahlten Prämie an nicht streikende Arbeitnehmer ist jedenfalls dann zulässig, wenn alle Begünstigten während des Streiks Belastungen ausgesetzt waren, die erheblich über das normale Maß der mit jeder Streikarbeit verbundenen Erschwerung hinausgehen. Dann wird nämlich die besondere, über das erhebliche Maß jeder normalen Streikarbeit hinausgehende Erschwerung vergütet. Das hat der Arbeitgeber gegebenenfalls im gerichtlichen Verfahren darzulegen und zu beweisen.
Für Streikende und Ausgesperrte entfällt für die Dauer des Arbeitskampfes der Anspruch auf Entgelt. Soweit dieses schon im Voraus gezahlt wurde, ist den Arbeitnehmern für jede versäumte Arbeitsstunde das entsprechende Arbeitsentgelt einschließlich eventueller Zulagen bei der nächsten Zahlung abzuziehen.
Arbeitswillige Arbeitnehmer verlieren ebenfalls ihren Lohn- und Gehaltsanspruch, sofern der Betrieb oder einzelne Betriebsabteilungen streik – oder aussperrungsbedingt zum Erliegen kommen und eine sinnvolle Weiterbeschäftigung infolge dessen nicht mehr möglich oder zumutbar ist.
Die Teilnahme an einem rechtswidrigen Streik oder die Streikbeteiligung von Personen, die nicht streiken dürfen, befreit nicht nur von der Vergütungspflicht, sondern kann, je nach den Umständen des Einzelfalles, wegen der gegebenen Verletzung des Arbeitsvertrages zur fristlosen Kündigung berechtigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer sich an einem wilden Streik beteiligt und sich trotz Aufforderung weigert, die Arbeit wieder aufzunehmen oder durch sein Verhalten diesen Willen zu erkennen gibt.
Die schlichte Streikbeteiligung an einem rechtmäßigen Arbeitskampf stellt in der Regel keinen Arbeitsvertragsbruch dar und ist deshalb kein Grund zur Entlassung, befreit aber von der Vergütungspflicht.
Allerdings begründet allein die Eintragung eines arbeitswilligen Arbeitnehmers in eine vom Arbeitgeber ausgelegte Liste noch nicht dessen Vergütungsanspruch im Fall der nachträglichen streikbedingten Nichtbeschäftigung. Werden in der Betriebsversammlung unzulässige Themen innerhalb eines nicht unerheblichen Zeitraumes behandelt, so entfällt für diese Zeit die Vergütungspflicht (siehe hierzu unten auch 3.2).
Hat sich ein Arbeitnehmer im Rahmen einer Gleitzeitvereinbarung in zulässiger Weise aus dem betrieblichen Zeiterfassungssystem abgemeldet und anschließend an einer Warnstreikkundgebung teilgenommen, vermindert sich seine vertragliche Sollarbeitszeit nicht um die Zeit der Kundgebungsteilnahme. Dementsprechend verringert sich auch sein Lohnanspruch nicht. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Streik die kollektive Vorenthaltung der geschuldeten Arbeitsleistung, um durch die daraus resultierenden wirtschaftlichen schädlichen Folgen Druck auf die Arbeitgeberseite dahin auszuüben, in eine gewünschte tarifvertragliche Regelung einzuwilligen. Ein Arbeitnehmer, der aber außerhalb der Lage der für ihn geltenden täglichen Arbeitszeit an einer Streikkundgebung teilnimmt, enthält dem Arbeitgeber seine Arbeitsleistung nicht vor und streikt nicht. „Streiken“ während der Freizeit ist keine Streikteilnahme im Rechtssinne. Eine Streikteilnahme ist außerhalb der persönlichen Arbeitszeit rechtlich nicht möglich.
Dem bestreikten Arbeitgeber steht es grundsätzlich frei, ob er im Betrieb oder Betriebsteil arbeiten lassen will oder nicht. Im zweiten Fall werden die beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis suspendiert mit der Folge, dass auch die arbeitswilligen Arbeitnehmer ihren Lohnanspruch verlieren.
Entscheidet sich der Arbeitgeber dafür, den Betrieb/Betriebsteil nicht insgesamt stillzulegen, sondern soweit als möglich den Betrieb aufrecht zu erhalten, so verlieren Arbeitswillige, die dennoch nicht beschäftigt werden konnten, ihren Vergütungsanspruch nur dann, wenn ihre Beschäftigung dem Arbeitgeber infolge des Streiks unmöglich oder unzumutbar wird.
Der Arbeitgeber ist berechtigt, auch bei bestehender Möglichkeit der wenigstens teilweisen Fortführung des Betriebes diesen dennoch völlig stillzulegen. Er muss dann gegenüber den arbeitswilligen Arbeitnehmern erklären, dass ihre Arbeitsverhältnisse während dieses Zeitraums ruhen und keine Lohnansprüche geltend gemacht werden können.
In Abgrenzung zur sog. Aussperrung stellt die Betriebs- oder Teilbetriebsstilllegung keine Arbeitskampfmaßnahme dar. Sie ist vielmehr dem Bereich der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit zuzuordnen. Da sich im Einzelfall aber Abgrenzungsschwierigkeiten zur Aussperrung ergeben können und für die Arbeitnehmer erkennbar sein muss, weshalb ihr Vergütungsanspruch zeitweise entfällt, muss der Arbeitgeber eindeutig gegenüber seinen Arbeitnehmern erklären, ob es sich um Aussperrung handelt, oder ob vielmehr allein aufgrund des Streiks und der damit einhergehenden Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Betriebes die Arbeitspflichten der Arbeitnehmer ruhen sollen. Solange der Arbeitgeber diese Erklärung nicht abgibt und sich offen hält, die Arbeitsleistung jederzeit in Anspruch zu nehmen, entfällt der Vergütungsanspruch nicht.
Grundsätzlich zählen sowohl Streik- als auch Aussperrungstage nicht als Urlaubstage und können somit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden. Ein bewilligter Urlaub bleibt vom Arbeitskampf unberührt. Daraus folgt, dass Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld zu zahlen sind und dass der Urlaub nach Ende des Arbeitskampfes nicht nachgewährt zu werden braucht.
Hinsichtlich der Frage der Entgeltfortzahlung an erkrankte Arbeitnehmer ist zwischen der Aussperrung und der Streikteilnahme zu unterscheiden. Auch arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer könne mit der Folge des Wegfalls der Entgeltfortzahlung ausgesperrt werden.
Anders hingegen stellt sich die Situation dann dar, wenn während der Krankheit der Betrieb bestreikt wird. Hier entfällt die Entgeltfortzahlungspflicht nur dann, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich oder zumindest durch die Beteiligung am Streikgeschehen – beispielsweise als Streikposten – erklärt, er werde sich nunmehr am Streik beteiligen.
Ist aufgrund einer tariflichen oder betrieblichen Regelung eine Anwesenheitsprämie nur für Monate zu zahlen, in denen der Arbeitnehmer keinerlei Arbeitsunfähigkeits- und unbezahlte Ausfallzeit aufweist, so führt die Streikteilnahme zum Prämienverlust.
Sieht ein Tarifvertrag die anteilige Kürzung einer Jahressonderzuwendung für alle Zeiten vor, in denen das Arbeitsverhältnis „kraft Gesetzes oder Vereinbarung oder auch sonstigen Gründen ruht“, erfasst eine solche Regelung mangels anderer Hinweise auch das Ruhen während eines Streiks.
Allerdings haben es die Tarifvertragsparteien weitgehend in der Hand, die Folgen eines Arbeitskampfes auf tarifvertragliche Ansprüche der Arbeitnehmer zu regeln. Dies gilt sowohl für die Voraussetzungen der Ansprüche als auch bezüglich des Umfangs eines Maßregelungsverbots. So können die Tarifvertragsparteien - beispielsweise in einer Protokollnotiz - regeln, dass „jede Maßregelung … aus Anlass der Tarifverhandlungen … und … unterbleibt oder rückgängig gemacht wird, falls sie erfolgt ist“ oder „soweit Ansprüche oder Anwartschaften von der ununterbrochenen Beschäftigung oder Betriebszugehörigkeit abhängen oder davon, dass das Arbeitsverhältnis nicht geruht hat, gelten die Beschäftigungsdauer oder Betriebszugehörigkeit durch die Arbeitskampfmaßnahmen als nicht unterbrochen, das Arbeitsverhältnis als nicht ruhend“. Mit einer solchen Regelung können die Tarifvertragsparteien nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts die Berücksichtigung von streikbedingten Fehlzeiten als Zeiten „unbezahlter Arbeitsleistung“ ausschließen.
Macht hingegen eine tarifliche Regelung den Anspruch auf eine Jahressonderzahlung allein vom rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig, dann ist diese Sonderzahlung auch für Zeiten zu gewähren, in denen das Arbeitsverhältnis wegen des Arbeitskampfes ruht.
Eine Belastung des Gleitzeitkontos in Höhe der streikbedingt ausgefallenen Arbeitszeit ist nur dann zulässig, wenn in einer Gleitzeitvereinbarung ausdrücklich eine solche Anrechnungsmöglichkeit geregelt ist.
Ist auf Grundlage der Gleitzeitvereinbarung lediglich die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitszeit zu berechnen, so bleiben die Zeiten außer Betracht, in denen die Arbeitspflicht wegen Teilnahme an einem Arbeitskampf geruht hat. In diesem Fall kann nur das Arbeitsentgelt gemindert werden.
In einer Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht allerdings entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der an einer Streikkundgebung teilnimmt, nachdem er sich im Rahmen einer betrieblichen Gleitzeitregelung zulässiger Weise aus dem Zeiterfassungssystem abgemeldet hat, im Rechtssinne nicht streikt. Während dieser Freizeit könne der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht vorenthalten.
In der Rentenversicherung sind für Streikende und Ausgesperrte während des Arbeitskampfes keine Beiträge zu entrichten. Volle Kalendermonate, für die wegen eines Arbeitskampfes keine Beiträge entrichtet worden sind, sind keine Ersatzzeiten oder Ausfallzeiten. Sie können für die Erfüllung der Wartezeit und zur Rentensteigerung nur angerechnet werden, wenn für sie freiwillige Beiträge entrichtet werden.
Streikende und ausgesperrte Arbeitnehmer stehen nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt insbesondere für Unfälle, die sich auf dem Weg zu der oder von der Arbeitsstelle ereignen, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsstelle aufsucht, um sich an Arbeitskampfmaßnahmen zu beteiligen.
Arbeitslosenversicherungsbeiträge sind während des Arbeitskampfes für Streikende und Ausgesperrte nicht zu entrichten. Derartige Zeiten dienen, soweit sie vier Wochen überschreiten, nicht der Erfüllung der Anwartschaft nach § 142 SGB III und sind insoweit auch bei der Berechnung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 147 I u. II SGB III nicht zu berücksichtigen. Bei Ausbruch und Beendigung des Arbeitskampfes – gleiches gilt für den Fall eines Warnstreiks – ist der Arbeitgeber verpflichtet, der für den Betrieb zuständigen Agentur für Arbeit schriftliche Anzeige zu erstatten. Bei Ausweitung des Streiks, beispielsweise durch Einbeziehung weiterer Betriebsteile oder Betriebe desselben Unternehmens, ist eine neue Meldung erforderlich.
Das versicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis bleibt während eines rechtmäßigen Arbeitskampfes bis zu seiner Beendigung in der Krankenversicherung ohne Beitragszahlung aufrecht erhalten, im Fall eines rechtswidrigen Streiks aber längstens für die Dauer bis zum Ablauf eines Monats, beginnend mit dem Ende der Entgeltzahlung. Die Mitgliedschaft der freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten wird durch den Wegfall des Entgelts infolge des Arbeitskampfes nicht berührt. Die freiwillig Versicherten haben jedoch für Tage, für die sie infolge des Arbeitskampfes kein Entgelt erhalten, den vollen Krankenversicherungsbeitrag selbst zu zahlen.
Besteht nur für Teile eines Monats Anspruch auf Arbeitgeberzuschuss, ist er gem. § 223 SGB V zu berechnen. Mit dem Wegfall des Entgeltanspruchs entfällt auch der Anspruch auf den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag nach § 257 SGB V.
Während des Arbeitskampfes haben streikende oder ausgesperrte Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch nach § 2 I EFZG auf Feiertagsbezahlung.
Unterbricht die Gewerkschaft den Streik für die Dauer eines Feiertages, so wird hierdurch ein Anspruch auf Feiertagsentgeltfortzahlung nur dann ausgelöst, wenn der Unterbrechungsbeschluss zugleich eine vorübergehende Wiederaufnahme der Arbeit zum Ziel hat und die Wiederaufnahme der Arbeit auch tatsächlich möglich ist. Allein die Unterbrechung für die Dauer eines Feiertages im Verlauf einer Arbeitswoche, wie auch beispielsweise die Unterbrechung am Freitag vor Pfingstmontag und Fortsetzung der Arbeit am nachfolgenden Dienstag, reicht hiernach für die Auslösung der Feiertagsentgeltfortzahlung nicht aus.
Gesetzliche Feiertage während des Arbeitskampfes sind aber dann zu vergüten, wenn sie mit bewilligtem Urlaub des Arbeitnehmers zusammenfallen. Dies gilt wiederum jedoch nicht für Feiertage, die dem Urlaub unmittelbar vorausgehen oder sich ihm unmittelbar anschließen.
Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit Arbeitskampfmaßnahmen können Unterlassungs-, Schadenersatzansprüche und die Geltendmachung von Strafanträgen/Strafanzeigen auslösen (siehe Teil 2).
In diesen Fällen ist unbedingt der zuständige Verband einzuschalten.
Die Reaktionsmöglichkeiten können sich richten gegen:
Unbedingt ist darauf zu achten, die Personalien der anwesenden betrieblichen Streikleitung sowie der etwaigen Störer rechtzeitig zu ermitteln und festzuhalten. Problematisch stellt sich ein gerichtliches Verfahren auf Unterlassung/Schadensersatz gegen die Gewerkschaft allerdings dann dar, wenn von Seiten der Gewerkschaft vorgetragen wird, von den Streikausschreitungen keinerlei Kenntnis gehabt zu haben.
Für diesen Fall sollten vorsorglich die Gewerkschaften, deren Bezirksleiter, örtliche Streikleiter sowie deren betriebliche Streikleiter über die Arbeitskampfmaßnahme beweisbar informiert und gleichzeitig aufgefordert werden, die streikenden Arbeitnehmer von den rechtswidrigen Handlungen abzuhalten.
Werden während der Streikmaßnahmen von den Streikenden unerlaubte oder strafbare Handlungen begangen, ist zu erwägen, ob hiergegen zusätzlich mit einer einstweiligen Verfügung vorgegangen werden sollte.
(Siehe insgesamt zu etwaigen Maßnahmen des Arbeitgebers bei rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen und Streikausschreitungen: Teil 2)
Gemäß § 74 Abs. 2 BetrVG sind Arbeitskampfmaßnahmen des Betriebsrates unzulässig. Demnach dürfen Betriebsräte bei Streikkundgebungen und Aktionen nicht als Amtsträger auftreten.
Verstößt der Betriebsrat oder verstoßen Betriebsratsmitglieder gegen diese Pflicht, so hat der Arbeitgeber jedoch keinen Unterlassungsanspruch, der im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren verfolgt werden könnte. Er kann lediglich die Unzulässigkeit der Betätigung des Betriebsrats feststellen lassen.
Bei groben Pflichtverletzungen bestehen daneben Sanktionsmöglichkeiten nach § 23 Abs. 1 BetrVG, somit Antrag auf Auflösung des Betriebsrates oder Ausschluss der tätig gewordenen Betriebsratsmitglieder. Vor allem ein Aufruf zu gewerkschaftlicher Kundgebung während der Arbeitszeit dürfte eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG darstellen, sofern der Betriebsrat oder einzelne Mitglieder hier explizit im Rahmen ihres Amtes tätig werden.
Während der Betriebsversammlung dürfen nur solche Themen behandelt werden, die den Betrieb oder die Arbeitnehmer des Betriebes unmittelbar betreffen. Im Rahmen des § 45 S. 1 BetrVG zählen hierzu auch Themen, die sich mit der Frage der Änderung bestehender bzw. dem Neuabschluss von Tarifverträgen befassen. Der Betriebsrat darf damit die Arbeitnehmer auch über den jeweiligen Stand laufender Tarifverhandlungen unterrichten.
Wie oben bereits erwähnt, kommt dem Betriebsrat selbst ein tarifpolitisches Mandat aber nicht zu. Hierdurch wird der Rahmen vorgezeigt, in welchem der Betriebsrat sich zulässigerweise bewegen darf. Folglich werden Versammlungen, auf denen Stellungnahmen zu künftigen Tarifverträgen oder Empfehlungen für die Verhandlungsführung der Gewerkschaft erarbeitet bzw. entsprechende Resolutionen verabschiedet werden, als rechtswidrig angesehen.
Unzulässig sind:
Auch Streikaufrufe und Protestkundgebungen jeglicher Art sind während einer Betriebsversammlung unzulässig und brauchen vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht geduldet zu werden. Im Fall von nur geringfügigen Verstößen, die auch zeitlich nicht ins Gewicht fallen, verliert die Betriebsversammlung ihren Charakter nicht. Zur Vermeidung eines Prozessrisikos sollte hierbei auf einen zeitlichen Rahmen von bis zu 15 Minuten abgestellt werden.
Hinsichtlich der Frage nach der Vergütungspflicht ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass der Arbeitgeber, der die Vergütung entsprechend kürzen will, auf jeden Fall der Behandlung des ihm vorher bekannten Themas in betriebsüblicher Form widersprechen oder die Behandlung durch einstweilige Verfügung untersagen lassen muss.
Ergibt sich die Unzulässigkeit des Themas erst während der Versammlung, sollte der Arbeitgeber die Unzulässigkeit sofort rügen und auf die Konsequenzen hinweisen.
Es gibt eine Einschränkung der betriebsverfassungsrechtlichen Kompetenzen des Betriebsrates bei arbeitskampfbedingten Maßnahmen des Arbeitgebers. Danach gilt im Grundsatz Folgendes: Soweit das jeweilige Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats geeignet ist, die Kampffähigkeit des Arbeitgebers zu beeinflussen, muss es weichen, da die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie Vorrang hat.
Der Betriebsrat ist als Organ während einer Arbeitsniederlegung keinesfalls allgemein funktionsunfähig. Gerade während eines Arbeitskampfes liegt die Fortsetzung der Tätigkeit des Betriebsrats im allgemeinen Interesse, auch im Interesse des Arbeitgebers, z. B. bei der Aufrechterhaltung der betrieblichen Ordnung und der etwaigen Vereinbarung eines Notdienstes. Es kann sich nur darum handeln, dass der Betriebsrat einzelne Beteiligungsrechte, insbesondere bei personellen Maßnahmen des Arbeitgebers, die durch das Streikgeschehen bedingt sind, nicht ausüben darf. Es kann sonst der Grundsatz der jedenfalls in diesem Zusammenhang zu beachtenden „Waffengleichheit“ beeinträchtigt werden. Insoweit sind die Beteiligungsrechte des Betriebsrats arbeitskampfkonform und entsprechend einschränkend auszulegen.
Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass zwar die Mitbestimmungsrechte im Arbeitskampf zurücktreten müssen, nicht jedoch auch die Unterrichtungsansprüche des Betriebsrates eingeschränkt gelten. In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin verlangt, ihm mitzuteilen, welche Überstunden, Schichtverschiebungen, kurzfristige Versetzungen, Einstellungen und Beschäftigungen von Mitarbeitern anderer Firmen sie beabsichtige.
Eine Einschränkung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats an Vorbereitungshandlungen für Arbeitskampfmaßnahmen oder Maßnahmen zur Abwehr von Folgen eines Arbeitskampfes kommt dann in Betracht, wenn die Mitbestimmung des Betriebsrats unmittelbar und zwangsläufig zur Folge hat, dass die Freiheit des Arbeitgebers, Arbeitskampfmaßnahmen zu ergreifen oder Folgen eines Arbeitskampfes zu begegnen, in ihrem Kernbereich beeinträchtigt wird.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die Rechtsprechung des BVerfG hinzuweisen. In seiner Entscheidung vom 26.06.1991 – 1 BvR 779/85 – bestätigt das BVerfG die Entscheidung des Großen Senats des BAG (BAGE 1, 291), in welcher es auszugsweise heißt:
„Es besteht Freiheit des Arbeitskampfes, Streikfreiheit und Aussperrungsfreiheit. Im Rahmen der sozialen Angemessenheit gilt die freie Wahl der Kampfmittel. Jede Gruppe darf in den Grenzen des legitimen Kampfes das ihr gemäße, historische überkommene, der Natur der Sache entsprechende Kampfmittel wählen.“
Unzulässig sind Anträge des Betriebsrates auf:
Hinzuweisen ist darauf,
Auszubildende, Umschüler und Praktikanten stehen nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern sind zu ihrer Ausbildung oder zum Erwerb gewisser Kenntnisse oder Fähigkeiten beschäftigt. Das Bundesarbeitsgericht hat zur Frage, ob und in welchem Umfang Auszubildenden ein Streikrecht zusteht, noch nicht abschließend Stellung genommen. Es hat allerdings eine Teilnahme von Auszubildenden am Arbeitskampf dann für zulässig erachtet, wenn es sich um kurzfristige Streiks handelt und in den Tarifverhandlungen Forderungen der Gewerkschaft nach verbesserten Ausbildungsbedingungen verhandelt werden.
Grundsätzlich sind Schwerbehinderte während des Arbeitskampfes wie alle anderen Arbeitnehmer zu behandeln. Auch bei ihnen ist das Ruhen der Arbeitsverhältnisse durch Streik oder Aussperrung ohne Zustimmung des Integrationsamtes möglich.
Im Fall des rechtmäßigen Streiks hat der Arbeitgeber kein Recht zur außerordentlichen Kündigung wegen der Teilnahme des Schwerbehinderten oder des Gleichgestellten am Streik. Er kann nur eine Abwehraussperrung aussprechen. Da die suspendierende Wirkung der Aussperrung nicht den Wirkungen einer Kündigung gleichzustellen ist, besteht die Zustimmungspflicht des Integrationsamtes nicht. Aus diesem Grunde entfällt auch die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers.
Wird einem Schwerbehinderten oder Gleichgestellten lediglich aus Anlass der Teilnahme an einem rechtswidrigen Streik gekündigt, bedarf der Ausspruch der Kündigung der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Spricht der Arbeitgeber die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus, so hat der Schwerbehinderte oder Gleichgestellte gemäß § 91 Abs. 6 SGB IX nach Beendigung des Arbeitskampfes einen Anspruch auf Wiedereinstellung.
Das Mutterschutzgesetz nimmt die werdende Mutter grundsätzlich nicht von den Folgen eines Arbeitskampfes aus. Wenn sie sich am Streik beteiligt, verliert sie ihren Lohn- und Gehaltsanspruch. Im Fall von Elternzeit werden durch Arbeitskampfmaßnahmen weder der Anspruch noch die Dauer der Elternzeit beeinträchtigt. Ebenso wird der Anspruch auf Elterngeld dadurch nicht berührt.
Will der Arbeitgeber nicht nur eine suspendierende Abwehraussperrung sondern eine auflösende Abwehraussperrung, die in ihren Wirkungen der Kündigung nahe kommt, aussprechen, so ist zuvor eine entsprechende Meldung an das Gewerbeaufsichtsamt vorzunehmen und die Zulässigkeitserklärung zu beantragen. Diese Mitteilungspflicht besteht auch dann, wenn die Zeit des Arbeitskampfes in die Schutzfrist vor und nach der Entbindung fällt. Für diesen Zeitraum verliert die Arbeitnehmerin zwar nicht den Anspruch auf das Mutterschaftsgeld, wohl aber den Anspruch auf den Muttergeldzuschuss, wenn sie sich entweder vor Eintritt der Schutzfristen aktiv am Streik beteiligt hat, ausgesperrt wurde oder infolge des Streiks oder eines Teilstreiks vom Arbeitgeber nicht beschäftigt werden konnte.
