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Anrechnung von Berufsschulzeiten

Bei der Anrechnung der Berufsschulzeiten gilt der Manteltarifvertrag vom 5. August 2008. Grundsätzlich wird eine tarifliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden zu Grunde gelegt. Weiterhin ist das Jugendarbeitsschutzgesetz bei minderjährigen Auszubildenden zu beachten.

Arbeitsrecht Bildung Während der Ausbildung

Mit der letzten Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) sind am 1. Januar 2020 grundlegende Änderungen in Kraft getreten, die u.a. die Anrechnung von Berufsschulzeiten auf die Arbeitszeit der Auszubildenden betreffen. Die in § 15 BBiG festgelegten Freistellungs- und Anrechnungsansprüche für den Besuch der Berufsschule wurden grundlegend geändert. Neu ist die Übernahme der Freistellungsregelungen des § 10 Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArb-SchG) in das BBiG. Damit gelten diese Regelungen jetzt auch für volljährige Auszubildende.

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1. Unternehmen mit Tarifbindung

Bei der Anrechnung der Berufsschulzeiten gilt weiterhin der Manteltarifvertrag (MTV) vom 09.12.2013. Grundsätzlich wird eine tarifliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden zu Grunde gelegt. Weiterhin ist das Jugendarbeitsschutzgesetz bei minderjährigen Auszubildenden zu beachten.

1.1. Wochenstundenzahl

Bei der Anrechnung der Berufsschulzeiten für minderjährige und volljährige Auszubildende wird die tarifliche Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden zu Grunde gelegt (§ 22 Ziffer 5 MTV).

1.2. Anrechnung

Die Berufsschultage werden mit der tatsächlichen Berufsschulzeit einschließlich der Pausen angerechnet. Angerechnet werden des Weiteren die notwendigen Wegezeiten zwischen Schule und Betrieb, sofern der Auszubildende((GENDERNOTICE)) an diesem Tag in den Betrieb zurückkehrt. Dies gilt auch für volljährige Auszubildende (§ 22 Ziffer 5 MTV).

1.3. Beispiel

Ein Auszubildender hat zwei Mal in der Woche Berufsschulunterricht: montags von 8 bis 15 Uhr und freitags von 8 bis 13 Uhr. Für die Fahrzeit von der Berufsschule zum Betrieb benötigt er eine halbe Stunde. Bei diesem Beispiel werden auf die Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden 7,0 Stunden Montagsunterricht angerechnet und für den Freitag 5 Stunden plus 0,5 Stunden Wegezeit von der Schule in den Betrieb. Es bleibt somit eine wöchentliche Arbeitszeit von 25 Stunden (37,5h-7h-5h-0,5h) im Betrieb.

2. Unternehmen ohne Tarifbindung

2.1. Wochenstundenzahl

Bei der Anrechnung der Berufsschulzeiten für minderjährige Auszubildende wird die gesetzliche Höchstarbeitszeit für Jugendliche von 40 Stunden zu Grunde gelegt. Bei der Freistellung von volljährigen Auszubildenden für den Berufsschulbesuch ist von der im Arbeitszeitgesetz geregelten Höchstarbeitszeit von 48 Stunden auszugehen.

2.2. Anrechnung

a) Minderjährige Auszubildende

Einmal pro Woche und für einen Berufsschultag gilt: Dauert ein Berufsschultag länger als fünf Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten, so darf der Auszubildende an diesem Tag nicht mehr im Betrieb beschäftigt werden. Fällt in der gleichen Woche ein zweiter Berufsschultag an, darf der Auszubildende anschließend im Betrieb beschäftigt werden.

Auch bei einem Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen darf ein Auszubildender nicht mehr beschäftigt werden.

Beispiel:

Ein Auszubildender hat zwei Mal in der Woche Berufsschulunterricht: montags von 8 bis15 Uhr und freitags von 8 bis 13 Uhr. Für die Fahrzeit von Berufsschule zum Betrieb benötigt er eine halbe Stunde. Auf die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden werden acht Stunden angerechnet. An diesem Tag darf der Auszubildende nicht mehr im Betrieb eingesetzt werden. Für den Freitagsunterricht werden fünf Stunden und eine halbe Stunde Fahrzeit angerechnet. Es bleibt also eine wöchentliche Arbeitszeit von 26,5 Stunden (40h-8h-5h-0,5h) im Betrieb. Am Freitag darf der Auszubildende noch 2,5 Stunden im Betrieb eingesetzt werden, da an diesem Tag 5,5 Stunden auf die maximale tägliche betriebliche Arbeitszeit angerechnet werden.

b) Volljährige Auszubildende

Dauert ein Berufsschultag in der Woche länger als fünf Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten, so darf der Auszubildende an diesem Tag nicht mehr im Betrieb beschäftigt werden. Fällt in der gleichen Woche ein zweiter Berufsschultag an, darf der Auszubildende anschließend im Betrieb beschäftigt werden. Von der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden sind neben der Unterrichtszeit auch die Pausenzeiten und die Wegezeiten von der Berufsschule in den Betrieb abzuziehen. Arbeitet der Auszubildende nach der Berufsschule im Betrieb, ist er für die Zeit vom Beginn der Berufsschule bis zum Eintreffen im Betrieb freizustellen. Bei der Berechnung der verbleibenden Wochenarbeitszeit ist der Beginn der betrieblichen Arbeitszeit und der Beginn des Berufsschulunterrichts zu beachten (siehe Beispiel).

Bei einem Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen wird die Berufsschulwoche mit der durchschnittlichen wöchentlichen Ausbildungszeit angerechnet.

Beispiel:

Ein volljähriger Azubi hat montags acht Schulstunden von 8 bis 16 Uhr (8 Zeitstunden) und freitags fünf Schulstunden von 8 bis 12 Uhr (4 Zeitstunden) Berufsschulunterricht. Montags kommt der Auszubildende nicht mehr in den Betrieb, freitags arbeitet er nach der Berufsschule im Betrieb weiter (Fahrzeit: eine halbe Stunde).

Der Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden à 45 Minuten, einmal in der Woche, wird mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit angerechnet. 

Beginnen die Berufsschule und die betriebliche Arbeitszeit um 8 Uhr, wird der Berufsschulbesuch mit 12,5 Stunden (8h+4h+0,5h) berücksichtigt. Es verbleibt eine Arbeitszeit von 35,5 Stunden im Betrieb. Beginnt die Berufsschule bereits um 8 Uhr und die betriebliche Arbeitszeit um 9 Uhr, wird der Berufsschulbesuch mit 10,5 Stunden (7h+3h+0,5h) berücksichtigt. Die Zeit von 8 bis 9 Uhr wird dann nicht mit angerechnet. Es bleibt eine Arbeitszeit von 37,5 Stunden (48h10,5h) im Betrieb.

3. Beschäftigungsverbot

Das Beschäftigungsverbot betrifft Unternehmen mit und ohne Tarifbindung. Nach der Neufassung des §15 Berufsbildungsgesetz zum 1. Januar 2020 gilt das Beschäftigungsverbot bezogen auf die Berufsschule gleichermaßen für minderjährige und volljährige Auszubildende, sofern für letztere eine Berufsschulpflicht besteht. 

Seit dem 01.01.2020 gilt: 

  • Alle Auszubildenden (minderjährig und volljährig) dürfen vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigt werden. 
  • Dauert ein Berufsschultag länger als fünf Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten, so darf der Auszubildende (minder- oder volljährig) an diesem Tag nicht mehr im Betrieb beschäftigt werden. Auch bei einem Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen darf ein Auszubildender (minder- oder volljährig) nicht mehr beschäftigt werden.

4. Samstagsruhe

Für minderjährige Auszubildende gilt:

Es sollen mindestens zwei Samstage im Monat beschäftigungsfrei bleiben. Sofern Jugendliche an einem Samstag beschäftigt werden, ist ihnen die Fünftage-Woche gemäß § 16 JArbSchG durch Freistellung an einem anderen berufsschulfreien Tag derselben Woche sicherzustellen. Gibt es in einem Betrieb einen Betriebsruhetag, so kann die Freistellung auch an diesem Tag erfolgen, vorausgesetzt der Jugendliche hat keinen Berufsschulunterricht. 

Wenn Jugendliche nicht an einem Samstag acht Stunden beschäftigt werden können, kann gemäß § 16 Abs. 4 JArbSchG die fehlende Arbeitszeit an dem Tag der Freistellung bis 13 Uhr ausgeglichen werden.

5. Sonntagsruhe

Für minderjährige Auszubildende gilt:

Gemäß § 17 Abs. 1 JArbSchG dürfen Jugendliche grundsätzlich nicht an Sonntagen beschäftigt werden. § 17 Abs. 2 JArbSchG regelt die Ausnahmen. Bitte beachten Sie: Verkaufsoffene Stellen fallen nicht unter die Ausnahmeregelung! 

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Ihre Ansprechpartner in den HBE-Bezirksgeschäftsstellen finden Sie unter www.hv-bayern.de.

Ihre Ansprechpartner zu diesem Thema

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Simone Streller
Geschäftsführerin
Themen: Arbeitsrecht Bildung Während der Ausbildung
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