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Abmahnung - was nun?

Abmahnungen nach dem Lauterkeitsrecht (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – UWG) treffen irgendwann jeden Einzelhändler. Sie sind zum Teil mit erheblichen wirtschaftlichen Belastungen und praktischem Aufwand für den Betroffenen verbunden. Mit diesem Merkblatt soll eine Orientierungshilfe für den Umgang mit lauterkeitsrechtlichen Abmahnungen zur Verfügung gestellt werden. Das Merkblatt erhebt dabei nicht den Anspruch der Vollständigkeit und ersetzt nicht den Rat eines Rechtsanwalts.

Recht, Arbeit & Soziales Wettbewerbsrecht

Einleitung:

Abmahnungen nach dem Lauterkeitsrecht (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – UWG) treffen irgendwann jeden Einzelhändler((GENDERNOTICE)). Sie können mit erheblichen wirtschaftlichen Belastungen und praktischem Aufwand für den Betroffenen verbunden. Nach einer Studie der Trusted Shops GmbH verursachte eine Abmahnung im Online-Handel durchschnittliche Kosten von 1.300 Euro. Bei rund einem Viertel der Abgemahnten fielen noch (deutlich) höhere Kosten an. Dabei wurden die Händler nicht selten in eine existenzbedrohende Situation gebracht: 51 Prozent der Online-Händler fühlten sich nach der o. g. Studie durch Abmahnungen in ihrer Existenz bedroht. 

Dem hat der Gesetzgeber mit dem „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ Rechnung getragen. Dieses Gesetz ist am 01.12.2020 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und damit am 02.12.2020 in Kraft getreten. Es soll in erster Linie der Eindämmung des Abmahnmissbrauchs dienen. Der Gesetzgeber hat mit diesem Gesetz insbesondere den sog. „fliegenden Gerichtsstand“ für den gesamten Onlinehandel abgeschafft und zum anderen die Anreize reduziert Bagatellverstöße abzumahnen, wodurch insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vor unseriösen Anwaltskanzleien geschützt werden sollen. Die private Rechtsdurchsetzung soll durch diese gesetzlichen Änderungen jedoch nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden. Einzelhändler werden auch in Zukunft rechtskonformes Marktverhalten gewährleisten müssen, da andernfalls weiterhin Abmahnungen drohen und auch nur so ein fairer Wettbewerb sicherzustellen ist.

Mit diesem Merkblatt soll eine Orientierungshilfe für den Umgang mit lauterkeitsrechtlichen Abmahnungen zur Verfügung gestellt werden. Das Merkblatt erhebt dabei nicht den Anspruch der Vollständigkeit und ersetzt nicht den Rat eines Rechtsanwalts.

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1. Bedeutung und Inhalt einer Abmahnung

Eine Abmahnung dient der außergerichtlichen Rechtsdurchsetzung. Sie gewährleistet im Vergleich zum gerichtlichen Verfahren eine schnellere und kostengünstigere Beseitigung eines Rechtsverstoßes. Nach den lauterkeitsrechtlichen Regeln soll der zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigte vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens daher eine Abmahnung aussprechen und dem Betroffenen damit Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen (§ 13 Abs. 1 S. 1 UWG). 

Abmahnungen nach dem Lauterkeitsrecht sichern die Einhaltung der Vorgaben des „Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb“ (UWG). Häufig werden danach folgende Verstöße abgemahnt: 

  • Irreführende Werbung (§ 5 UWG) 
  • Fehlende oder unrichtige Verbraucherinformationen oder unzulässige AGB-Klauseln (§ 3 a UWG i. V.m. BGB-Vorschriften, §§ 1,2 UKlaG) 
  • Unrichtige oder fehlende Produktkennzeichnungen wie z. B. Herstellerkennzeichnung (§ 3 a UWG i. V. m. dem ProdSG) 
  • Unzureichende oder fehlende Anbieterkennzeichnungen (§ 3 a UWG i. V. m. dem TMG) 
  • Unzureichende Preisauszeichnung in Bezug auf den Endpreis, Grundpreis oder Versandkosten (§ 3a UWG i. V. m. der PAngVO) 

Eine Abmahnung erfolgt in der Regel schriftlich und enthält folgende Elemente: 

  • Beschreibung des Rechtsverstoßes 
  • Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung 
  • Androhung, die Ansprüche ggf. gerichtlich durchzusetzen 

Nach § 13 Abs. 2 UWG nF muss die Abmahnung in formeller Hinsicht klar und verständlich begründet werden, u.a. durch die Nennung der Identität des Abmahnenden, der Voraussetzungen der Aktivlegitimation, der Konkretisierung der angegriffenen Verletzungshandlung sowie die Aufschlüsselung des Aufwendungsersatzes (Rechtsanwaltskosten) bzw. dass diese ausgeschlossen sind. Nur wenn alle Inhaltsvoraussetzungen erfüllt sind, entsteht ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den Abgemahnten. 

Oft wird einer Abmahnung auch gleich der Entwurf einer Unterlassungserklärung beigefügt. 

Der Empfänger einer Abmahnung sollte unbedingt unverzüglich prüfen, ob der vorgeworfene Rechtsverstoß tatsächlich vorliegt. Es ist empfehlenswert, hierzu anwaltlichen Rechtsrat einzuholen. Die Fristen für die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung sind zu beachten. Ggf. ist innerhalb dieser Frist mindestens Kontakt mit dem Abmahner aufzunehmen, um beispielsweise eine Fristverlängerung zu vereinbaren. Untätigkeit des betroffenen Händlers kann dazu führen, dass ein deutlich kostenintensiveres gerichtliches Verfahren eingeleitet wird.

2. Abmahnbefugnis

Nicht jeder Marktteilnehmer oder Verband ist befugt, Abmahnungen auszusprechen. Die Abmahnbefugnis liegt nur vor, wenn ein Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung existiert (§ 8 Abs. 1 UWG). Ein entsprechender Anspruch steht folgenden Personen und Organisationen zu (§ 8 Abs. 3 UWG): 

  • Mitbewerbern i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG nF. Diese sind nur noch dann aktivlegitimiert, wenn sie in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen. Hinsichtlich der Erheblichkeit der eigenen Geschäftstätigkeit des abmahnenden Unternehmens werden sich allerdings Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Sofern nicht bereits in der Abmahnung substanzieller Vortrag zum Umfang der Geschäftstätigkeit erfolgt ist, wird durch den Abgemahnten erst einmal der Einwand der nur unerheblichen Geschäftstätigkeit zu erheben sein. Im Übrigen sind Mitbewerber sind alle Unternehmer, die mit dem Anbieter oder Nachfrager in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG). 
  • Rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nF (z. B. Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs), wobei neu ist, dass sich diese in eine Liste der qualifizierten Verbände nach § 8b UWG nF eintragen lassen müssen. Voraussetzung hierfür ist u.a. (i.) eine Anzahl von mindestens 75 Mitgliedsunternehmen, (ii.) der Verbandszweck der Förderung des Wettbewerbs muss durch ausreichende personelle, sachliche und finanzielle Mittel gesichert sein und (iii.) Mitgliedsunternehmen dürfen keine Zuwendungen aus dem Verbandsvermögen erhalten. Die Verschärfung soll gewährleisten, dass der Verbandszweck ernsthaft und aus rein ideellen Interessen verfolgt wird und die Abmahntätigkeit zumindest keine vorwiegende Einnahmequelle darstellen darf. Praktisch wird diese Neuerung allerdings geringe Auswirkungen haben, da die meisten der bereits in der Vergangenheit mit Abmahnungen in Erscheinung getretenen Verbände diese Voraussetzungen bereits erfüllen. 
  • Qualifizierten Verbraucherschutzeinrichtungen, die in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragen sind, soweit Verbraucherinteressen berührt werden (z. B. Verbraucherzentralen). 
  • Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern 

Bei Zugang der Abmahnung sollte unverzüglich geprüft werden, ob die Abmahnung von einer berechtigten Person oder Organisation ausgesprochen worden ist. Auch hierzu sollte Rechtsrat durch einen Anwalt eingeholt werden, da die Feststellung der konkreten Mitbewerbereigenschaft und eines möglichen Schadens durch den Rechtsverstoß nicht immer unproblematisch zu beantworten ist. Der Anwalt kann auch kontrollieren, ob eine Verbraucherschutzeinrichtung in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragen ist und damit überhaupt als qualifiziert gilt. Ebenfalls kann er bei Wirtschaftsverbänden das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG prüfen.

3. Missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen

Das Verbot der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen war auch bereits in der bisherigen gesetzlichen Fassung angesprochen worden (§ 8 Abs. 4 UWG aF). Nun ist ein neuer § 8c UWG nF eingefügt worden, der in seinem Absatz 2 verschiedene Fallgruppen auflistet. Ist eine dieser Fallgruppen einschlägig, so soll dies im Zweifel für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung sprechen. Diese gesetzliche Vermutung kann der Abmahnende jedoch entkräften.

4. Unterlassungserklärung

Wenn die Prüfung ergeben hat, dass tatsächlich ein Rechtsverstoß und die Abmahnbefugnis vorliegen, sollte die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung in Betracht gezogen werden. Mit der Unterlassungserklärung wird die Gefahr, dass der Rechtsverstoß fortgesetzt oder wiederholt wird, beseitigt. Ein gerichtliches Vorgehen des Abmahners mit zusätzlichen Kostenrisiken für den Abgemahnten ist damit ausgeschlossen. 

Die vom Abmahner übersandte Unterlassungserklärung sollte aber vor der Unterzeichnung von einem Rechtsanwalt geprüft werden. Keineswegs muss die angeforderte Unterlassungserklärung wie vom Abmahner vorgelegt unterzeichnet werden. Im Gegenteil sind Modifikationen der Erklärung – ggf. auch in Abstimmung mit dem Abmahner – üblich und teilweise erforderlich. Die Einhaltung der Fristen ist aber auch dabei zu beachten.

4.1 Umfang

Mit der Unterlassungserklärung verpflichtet sich der Abgemahnte, den konkret vorgeworfenen Rechtsverstoß abzustellen und nicht zu wiederholen. Das zu unterlassende Verhalten muss daher in der Unterlassungserklärung hinreichend konkret beschrieben werden. Wird die Unterlassungsverpflichtung vom Abmahner (zu) weit gefasst, erhöht sich das Risiko eines erneuten Rechtsverstoßes erheblich. Der „Wiederholungsfall“ tritt dann mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit ein und die Vertragsstrafe wird fällig. Eine zu allgemeine Beschreibung des zu unterlassenden Verhaltens kann daher auch einen verbotenen „Abmahnmissbrauch“ (§ 8c UWG nF) darstellen.

Beispiel:
Ein Händler hat versäumt, den Grundpreis eines angebotenen Produkts anzugeben und wurde deshalb berechtigt abgemahnt. Nach der vom Abmahner vorgelegten Unterlassungserklärung soll er sich nun verpflichten, „nicht mehr gegen die Bestimmungen der Preisangabenverordnung zu verstoßen“. Eine solche Verpflichtung geht viel zu weit, da die Preisangabenverordnung zahlreiche verschiedene Rechtspflichten zur Preisauszeichnung enthält, im vorliegenden Fall aber nur gegen die Pflicht zu Grundpreisauszeichnung verstoßen wurde.

Weiterhin können in der Unterlassungserklärung sogenannte Aufbrauchs- oder Umstellungsfristen vorgesehen werden. Dies kann sinnvoll sein, wenn z. B. die notwendige Änderung einer Webseite nicht innerhalb der vom Abmahner gesetzten Frist gewährleistet werden kann oder Werbeprospekte innerhalb dieser Frist neu gedruckt werden müssen. 

Soweit die vom Abmahner vorgelegte Unterlassungserklärung modifiziert wird, muss diese Fassung allerdings auch nach Unterzeichnung durch den Abgemahnten vom Abmahner ausdrücklich angenommen werden. Erst dann besteht für den Abgemahnten Sicherheit, dass keine weiteren gerichtlichen Schritte vom Abmahner eingeleitet werden können. Auch deshalb ist es sinnvoll, nach Möglichkeit die geplanten Modifikationen mit dem Abmahner vorzubesprechen.

4.2. Vertragsstrafe

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Vereinbarung der Vertragsstrafe. Manchen Abmahnern geht es nämlich weniger um die Abstellung des Rechtsverstoßes, sondern vielmehr um die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt lukrative Vertragsstrafen realisieren zu können. Der abgemahnte Händler sollte sich daher keinesfalls und ungeprüft zur Zahlung einer (überhöhten) Vertragsstrafe verpflichten, auch wenn er das Problem damit vermeintlich zunächst aus der Welt schafft.

Andererseits muss die Vertragsstrafe nach der Rechtsprechung angemessen hoch sein, um eine mögliche Wiederholungsgefahr wirksam auszuräumen. In § 13a Abs. 1 UWG nF sind die für die Bemessung der Vertragsstrafe maßgebenden Kriterien aufgeführt: Die Art, die Schwere und das Ausmaß der Zuwiderhandlung, das Maß des Verschuldens des Verletzers, die Größe, Marktstärke, Wettbewerbsfähigkeit des Abgemahnten sowie das wirtschaftliche Interesse des Abgemahnten an erfolgten und zukünftigen Verstößen. In der Praxis entfaltet eine Vertragsstrafe zwischen 2.500,00 und 10.000,00 Euro eine hinreichend abschreckende Wirkung, die eine Wiederholung des Rechtsverstoßes ausschließt. Beträge unterhalb von 2.500,00 Euro könnten nach der Rechtsprechung nur im Ausnahmefall ausreichen. 

Wird der in der Unterlassungserklärung beschriebene Rechtsverstoß vom Abmahner nach Unterzeichnung der Erklärung erneut begangen, wird die vereinbarte Vertragsstrafe fällig. 

Um eine ausreichende, der Höhe nach aber auch angemessene Vertragsstrafe zu gewährleisten, wird in der Praxis häufig eine Vertragsstrafe nach dem „Neuen Hamburger Brauch“ vereinbart. Danach wird in der Unterlassungserklärung keine der Höhe nach bestimmte Vertragsstrafe festgelegt, sondern der Abmahner erhält für den Fall einer späteren Zuwiderhandlung des Abgemahnten die Befugnis, anhand der Umstände der Zuwiderhandlung einen Betrag als Vertragsstrafe zu bestimmen. Diese vom Abmahner nachträglich festgelegte Vertragsstrafe kann im Streitfall von einem Gericht auf ihre Angemessenheit überprüft werden (§ 315 BGB). 

Dasselbe Ergebnis wird allerdings durch eine gesetzliche Neuregelung auch im Falle der Vereinbarung eines konkreten Vertragsstrafenbetrages erreicht. Denn der Abgemahnte schuldet nun auch in dem Fall, dass er eine unangemessen hohe Vertragsstrafe versprochen hat, lediglich die Vertragsstrafe in einer angemessenen Höhe (§ 13a Abs. 4 UWG nF). Neu ist auf diese Weise die Fiktion einer angemessenen Vertragsstrafe. Bisher konnte ein Kaufmann wegen § 348 HGB anders als ein Nicht-Kaufmann keine gerichtliche Herabsetzung der Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB verlangen.

4.3. Mehrfachabmahnung

Ein und derselbe Rechtsverstoß kann manchmal mehrere Abmahner auf den Plan rufen. Unterwirft sich der Abgemahnte nach Erhalt der ersten Abmahnung mit einer Unterlassungserklärung, so lässt das in aller Regel die Wiederholungsgefahr entfallen. Die Abgabe einer weiteren strafbewehrten Unterwerfungserklärung gegenüber späteren Abmahnern erübrigt sich damit. Hinsichtlich der Kosten des Zweitabmahnenden betont der Bundesgerichtshof, dass ein Kostenerstattungsanspruch im Allgemeinen nur hinsichtlich der ersten Abmahnung in Betracht kommt, weil nur die erste Abmahnung dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Schuldners entspricht. Nur für den Fall einer erfolglosen Erstabmahnung (der Abgemahnte lässt es auf ein einstweiliges Verfügungsverfahren ankommen) und fehlender Kenntnis des Zweitabmahners von der Erstabmahnung wird von den Gerichten ein Kostenerstattungsanspruch auch des Zweitabmahners angenommen.

5. Kosten der Abmahnung

Wirtschafts- und Verbraucherverbände können für eine berechtigte Abmahnung gegenüber dem Abgemahnten in der Regel Aufwendungsersatzansprüche i. H. v. 150,00 bis 300,00 Euro geltend machen. Wenn ein Rechtsanwalt eine berechtigte Abmahnung für einen Mitbewerber ausspricht, bestimmen sich seine vom Abgemahnten zu erstattenden Kosten nach dem Streitwert der Sache und den Regeln des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Bei einem Streitwert von z. B. 5.000,00 Euro kann der Rechtsanwalt dem Abgemahnten ca. 500,00 Euro für seine Tätigkeit in Rechnung stellen.

Ausgeschlossen ist der Aufwendungsersatz § 13 Abs. 4 UWG nF

zum einen für Abmahnungen von Verstößen im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien (diese Ausnahmen erklären sich damit, dass es zu Abmahnungen insbesondere im E-Commerce vor allem dadurch kommt, da diese durch den Einsatz von Crawlern automatisiert festgestellt werden können und zahlreiche besondere Informationspflichten bestehen. Erfasst sind insbesondere die Impressumspflicht nach § 5 TMG, Informationspflichten in Fernabsatzverträgen nach § 312d BGB, die Pflicht zur Widerrufsbelehrung und die Vorschriften der Preisangabenverordnung. Welche weiteren Informations- und Kennzeichnungspflichten von dieser Bereichsausnahme erfasst sein werden, wird jedoch wieder gerichtlichen Entscheidungen vorbehalten bleiben),

zum anderen für Abmahnungen von Verstößen gegen die DSGVO und das Bundesdatenschutzgesetz durch Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern (dies trägt den Belastungen von kleinen und mittleren Unternehmen sowie gemeinnützigen Vereinen vor kostenpflichtigen Abmahnungen Rechnung). 

Objektiv unberechtigte oder auch nur formell unzureichende Abmahnungen lösen einen Gegenanspruch des Abgemahnten auf Aufwendungsersatz hinsichtlich seiner Kosten der Rechtsverteidigung aus (§ 13 Abs. 5 UWG nF). Der Gesetzgeber hat erkannt, dass sich eine entsprechende Vorschrift in § 97a Absatz 4 UrhG zur Eindämmung des Abmahnmissbrauchs bewährt hat.

6. Unterlassungsklage

Wird die Abgabe einer Unterlassungserklärung vom Abgemahnten verweigert – z. B. weil der vom Abmahner behauptete Rechtsverstoß bestritten wird – bzw. nur in unzureichender Form abgegeben oder innerhalb der gesetzten und angemessenen Frist versäumt, kann der Abmahner versuchen, den Unterlassungsanspruch gerichtlich durchzusetzen. Der Abmahner kann dann beim zuständigen Gericht entweder den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen (vgl. unten Gliederungspunkt 6.2.) oder auf Unterlassung klagen (vgl. unten Gliederungspunkt 6.3). Die Wiederholung des Rechtsverstoßes kann im gerichtlichen Verfahren nicht durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, sondern durch die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gewährleistet werden. Das Ordnungsgeld ist bei einem erneuten Verstoß nicht an den Abmahner, sondern an die Staatskasse zu zahlen. Ein gerichtliches Urteil ist daher für den Abmahner – sofern bei ihm das finanzielle Interesse im Vordergrund steht – weniger attraktiv.

6.1. Gerichtliche Zuständigkeit

a) Sachliche Zuständigkeit 
Sachlich zuständig sind ausschließlich die Landgerichte (§ 14 Abs. 1 UWG nF). 

b) Örtliche Zuständigkeit 
Für die gerichtliche Durchsetzung von lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsansprüchen ist das örtlich zuständige Gericht entweder das Gericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (§ 14 Abs. 2 S. 1 UWG = gewerbliche oder selbständige berufliche Niederlassung) oder das Gericht, in dessen Bezirk die Rechtsverletzung begangen wurde (Satz 2 dieser Vorschrift). Dabei hat der Kläger die Wahl zwischen dem Gerichtsstand des Begehungsortes und dem der Niederlassung des Abgemahnten.

Die Regelung nach Satz 2 ermöglichte es bislang dem Abmahner eines Online-Händlers in der Praxis, sich einen Gerichtsstand nach seinem Gusto auszuwählen, denn der Rechtsverstoß im Internet erfolgt praktisch an jedem Ort, an dem die Internetpräsenz des Händlers von einem potentiellen Kunden aufgerufen werden kann. Dies führte dazu, dass bei Wettbewerbsverstößen im Online-Handel praktisch an jedem Landgericht in Deutschland ein Gerichtsstand eröffnet waren (sog. „Fliegender Gerichtsstand“). 

Durch die gesetzliche Neuregelung ist der fliegende Gerichtsstand nun jedoch für Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien abgeschafft worden, sofern der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand in Deutschland hat. Auf diese Weise ist jetzt bei den meisten Wettbewerbsverstößen im Internet einzig das Gericht des (Wohn-)Sitzes des Beklagten zuständig. 

In manchen Bundesländern ist allerdings zu beachten, dass die Verordnungsermächtigung des § 14 Abs. 3 UWG nF für Zuständigkeitskonzentrationen in Wettbewerbsstreitsachen genutzt worden sein kann. In Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gibt es diese Zuständigkeitskonzentration bereits (für das LG Leipzig und LG Dresden bzw. LG Rostock). Auf der Grundlage entsprechender Staatsverträge sind diese Konzentrationen auch über Landesgrenzen hinweg möglich (wie z.B. bereits jetzt in Patent- und Gebrauchsmusterstreitsachen zwischen Bremen und Hamburg).

6.2. Einstweiliger Rechtsschutz

Der Abmahner kann seine Ansprüche im einstweiligen Rechtsschutz durchsetzen (§ 12 Abs. 1 UWG), wenn ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund vorliegen. 

Der Verfügungsanspruch entspricht regelmäßig dem bereits in der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsanspruch. 

Die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs im einstweiligen Rechtsschutz kommt in Betracht, wenn außerdem ein Verfügungsgrund vorliegt. Dies ist der Fall, wenn eine objektive Dringlichkeit (Eilbedürftigkeit) der Sache für den Abmahner vorliegt. Die Dringlichkeit kann entfallen, wenn der Rechtsverstoß beendet ist und eine Wiederholung nicht oder erst nach längerer Zeit möglich erscheint oder wenn der Abmahner darauf verzichtet hat, gegen frühere Verstöße des Abgemahnten vorzugehen. Die Dringlichkeit muss vom Abmahner im Allgemeinen dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Im Wettbewerbsrecht gilt dabei jedoch die Besonderheit, dass diese Dringlichkeit gesetzlich (widerleglich) vermutet wird. 

Einige Wochen nach Verkündigung des Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutz kann der Abmahner vom Betroffenen eine „Abschlusserklärung“ anfordern. Durch Unterzeichnung verzichtet der Betroffene auf weitere Rechtsmittel und erkennt den gerichtlichen Beschluss als endgültige Regelung an. Auf diese Weise kann der Rechtsstreit zum Abschluss gebracht werden. Ansonsten wird das Gericht den Streit noch im Hauptsacheverfahren entscheiden, was zusätzliche Gerichts- und Rechtsanwaltskosten auslöst. Die Abschlusserklärung sollte daher unterzeichnet werden, wenn für den Betroffenen keine günstigere Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu erwarten ist.

6.3. Hauptsacheverfahren

Der Anspruch auf Unterlassung einer Rechtsverletzung kann gerichtlich festgestellt werden, wenn der behauptete Rechtsverstoß vorliegt, Wiederholungsgefahr besteht und der Abmahner tatsächlich klagebefugt ist. Der Klageantrag muss hinreichend konkret formuliert werden, damit der abgemahnte Antragsgegner genau weiß, welches Verhalten ihm mit einer gerichtlichen Entscheidung verboten wird. Der Kläger erlangt bei erfolgreicher Klage einen Titel, welcher dem Beklagten ein bestimmtes Verhalten untersagt. 

Auch während des Klageverfahrens kann der Beklagte noch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben und den Kläger damit zwingen, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären.

7. Rechtsverstoß abstellen

Nach Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung oder nach einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung, mit welcher der Abgemahnte zur Unterlassung verpflichtet wird, sollte der Betroffene einen erneuten vergleichbaren und von der Unterlassungserklärung bzw. dem Urteilstenor erfassten Rechtsverstoß unbedingt vermeiden. Hierzu sind die im Einzelfall geeigneten Maßnahmen zu ergreifen und ggf. auch die Mitarbeiter entsprechend anzuweisen. 

Darüber hinaus besteht nach einer entsprechenden Entscheidung oder Abgabe einer Unterlassungserklärung auch ein Beseitigungsanspruch des Abmahners. Fortbestehende Rechtsverstöße müssen danach beseitigt werden. Bei einer irreführenden Printwerbung sind z. B. die im Besitz des Händlers befindlichen Prospekte zu vernichten. Falsche Preisauszeichnungen oder Produktkennzeichnungen sind zu beseitigen und durch korrekte Auszeichnungen zu ersetzen. Angaben auf Webseiten müssen abgeändert werden. Wenn verschiedene Vertriebs- oder Werbekanäle genutzt werden, ist darauf zu achten, dass der Rechtsverstoß auf allen Kanälen beseitigt wird. Eine rechtswidrige Printwerbung darf daher auch nicht im Internet erscheinen, falsche Preisauszeichnungen sind nicht nur im Online-Shop des Händlers, sondern ggf. auch auf genutzten Verkaufsplattformen zu beseitigen. Auch mögliche Ergebnisse bei der Nutzung von Internetsuchmaschinen sind zu berücksichtigen und abzustellen. 

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Ihre Ansprechpartner in den HBE-Geschäftsstellen finden Sie unter www.hv-bayern.de.

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Adele Artmann
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Themen: Recht, Arbeit & Soziales Wettbewerbsrecht
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